Trotz Reisewarnung wegen Corona Tui nimmt Kanaren ins Herbstprogramm

Frankfurt · Der weltgrößte Reisekonzern Tui betrachtet Corona-Reisewarnungen der Bundesregierung nicht länger als Hinderungsgrund für Pauschalreisen in Risikogebiete. Aktuelle Reisewarnungen seien nicht mehr gleichbedeutend mit denen vor der Pandemie.

 Der Vorstandsvorsitzende der Tui Group, Friedrich Joussen (Archivbild).

Der Vorstandsvorsitzende der Tui Group, Friedrich Joussen (Archivbild).

Foto: dpa/Peter Steffen

Das erklärte Tui-Chef Fritz Joussen am Mittwochabend beim Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. "Früher war die Reisewarnung ein Verbot, heute ist die Reisewarnung eine Warnung." Die Urlauber seien nur angehalten, die Vorsichtsregeln gegen eine Infektion einzuhalten. Tui fliege ab Samstag sieben Mal pro Woche auf die Kanarischen Inseln. Für diese gilt zwar auch nach der jüngsten Lockerung als Teil Spaniens eine Reisewarnung, doch hätten fast alle Inseln weniger als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.

"Wir setzten das Zeichen mit den Kanaren", sagte Joussen. "Es gibt keinen sachgerechten Grund, auf den Düsseldorfer Markt zu gehen oder in Frankfurt über die Zeil zu spazieren, aber nicht am Strand von Fuerteventura." Der von der Corona-Krise geschüttelte Reisekonzern kämpft damit um ein wenig Umsatz im verlustreichen Krisenjahr. Die Kanarischen Inseln sind ein beliebtes Reiseziel der Deutschen im Herbst und Winter. Um diese Jahreszeit ziehe es viele Rentnerinnen und Rentner dorthin, für die die drohende Quarantänepflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten nicht so abschreckend sei wie für Berufstätige. Sonnenziele auf der Südhalbkugel bleiben dagegen ungewiss, weil zum Teil die Flugverbindungen fehlen.

Im Fall von Reisewarnungen können Pauschalreisende umbuchen oder ihre Reise gegen Erstattung des Preises stornieren. Dabei bleibe es auch, ergänzte ein TUI-Sprecher.

Der Tui-Chef erklärte weiter, der weltweit größte Reisekonzern müsse wegen der Corona-Krise schlanker werden, indem die Flugzeugflotte etwa von 150 auf 120 Maschinen verkleinert und weniger in Hotels investiert werde. Im kommenden Jahr werde das Reiseangebot auf 80 Prozent der Kapazität des Vorkrisenjahres 2019 beschränkt, um höhere Preise und damit mehr Marge erzielen zu können. Für das Jahr 2022 erwarte er dann wieder eine Normalisierung, bekräftigte Joussen. Unter dem Strich summierte sich der Konzernverlust trotz eingeleiteter Kostensenkungen in den ersten neun Monaten des zum 30. September endenden Geschäftsjahres 2019/20 auf rund 2,3 Milliarden Euro.

Das Unternehmen aus Hannover muss bereits mit fast drei Milliarden Euro staatlicher Kredite gestützt werden, die der Konzern in den kommenden Jahren zurückzahlen muss. Schon länger hat Joussen erklärt, darüber hinaus komme eine Kapitalerhöhung in Frage. Doch er widersprach Berichten von Reuters und anderen Medien, dass schon in Kürze 700 Millionen bis eine Milliarde Euro bei den Aktionären eingesammelt werden soll. "Ich denke schon, dass wir auf der M&A-Seite und der Kapitalseite etwas machen müssen, aber nicht jetzt", sagte Joussen. "Wir werden zur rechten Zeit überlegen, ob wir Liquidität aus Verkäufen oder aus einer Kapitalerhöhung holen." Beim derzeit niedrigen Aktienkurs wäre das mit einer besonders starken Verwässerung der bestehenden Beteiligungen - darunter der des russischen Großaktionärs Alexej Mordaschow von 25 Prozent - verbunden. "Irgendwann werden wir uns Gedanken machen über eine Kapitalerhöhung, aber bei einem Aktienkurs von 3,20 Euro ist das faktisch unmöglich", betonte Joussen. Die an der Londoner Börse notierten Tui-Aktien lagen knapp unter dieser Marke.

(felt/Reuters)
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