Griechenland bekommt dennoch Geld Troika: Maßnahmen reichen nicht aus

Brüssel/Berlin (RPO). Die Euroländer und der IWF wollen Griechenland mit der nächsten Notkredittranche noch ein Mal über Wasser halten. Doch für die dauerhafte Rettung Athens reichen die bisherigen Sparanstrengungen und das im Juli verabredete neue Hilfspaket nicht aus.

Das sind die Instrumente zur Euro-Rettung
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Foto: dpa

Das ist die Kernbotschaft des Abschlussberichts der Troika-Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), der am Donnerstag an die Hauptstädte verschickt wurde. Ein weiter so könne es nicht geben, macht das Zeugnis klar, denn bei der Reform ihres Landes stoße die Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou "fortwährend an ihre Grenzen".

Die EU-Kommission drängt in dem Bericht, dass die nächste Notkredittranche "so schnell wie möglich" an Athen überwiesen werde. Von den Europartnern soll Griechenland 5,8 Milliarden Euro erhalten, darüber müssen die Finanzminister am Freitag entscheiden. Zudem "wird erwartet", dass der IWF seinen Teil von 2,2 Milliarden Euro überweist, heißt es in dem Bericht.

Die Entscheidung wird aber vermutlich erst Anfang November getroffen, wenn das IWF-Direktorium in Washington tagt. Ein EU-Kommissionssprecher trat Mutmaßungen entgegen, der IWF zögere die Freigabe hinaus. Der Troika-Bericht fasse die gemeinsame Meinung aller drei beteiligten Institutionen zusammen, sagte er in Brüssel.

159 Milliarden reichen nicht

Allerdings muss die Eurozone vor dem grünen Licht des IWF nachlegen, denn der Währungsfonds kann sich nur beteiligen, wenn er die dauerhafte Zahlungsfähigkeit Athens gesichert sieht. Und genau das ist nicht der Fall, weshalb das im Juli aufgelegte Programm nachgebessert werden muss. Es sieht neue Hilfe von 109 Milliarden Euro vor, plus ein Beitrag von 50 Milliarden Euro des Privatsektors. Das werde bei weiter mangelhaften Konsolidierung nicht ausreichen, "um die Schuldendynamik als nachhaltig zu bezeichnen", so die Troika-Folgerung.

Denn seit Juli "hat sich die Schuldentragfähigkeit effektiv verschlechtert", die Lage sei "extrem besorgniserregend". Die Gründe sind zahlreich: Der Wirtschaftseinbruch sei bedeutend stärker als befürchtet, im ersten Halbjahr steht ein Minus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das kommende Jahr wird noch ein minus von 2,75 Prozent erwartet. Auch der positive Ausblick für die Zeit ab 2015 müsse womöglich nach unten korrigiert werden.

Die Privatisierungsbemühungen bleiben noch immer weit hinter Plan zurück. Der Finanzsektor ist zunehmend in Bedrängnis geraten, nicht zuletzt durch die im Juli beschlossene Privatsektorbeteiligung, die für griechische Banken teurer ist als vermutet. Und das Tempo der Strukturreformen sei noch nicht ausreichend. Durch die zusätzlichen Sparmaßnahmen wie der Abbau von 30.000 Beamten würden die Defizitvorgaben für kommendes Jahr zwar eingehalten, schreibt die Troika. Die Lücke in diesem Jahr könne aber nicht geschlossen werden, obwohl die Hellenen von IWF und Europartnern schon 65 Milliarden Euro erhalten haben.

Damit wird die Eurozone, allen voran Deutschland und Frankreich, endgültig zu einem Kurswechsel gezwungen. Entweder erhält Griechenland noch deutlich mehr Geld, als bislang verabredet. Oder das Land muss durch einen Schuldenschnitt befreit werden, worauf Deutschland drängt. Die Weichen müssen auf dem EU-Gipfel am Sonntag in Brüssel gestellt werden.

Schäuble schließt Ausweitung des Euro-Rettungsfonds aus

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat eine Ausweitung der deutschen Beteiligung am Euro-Rettungsfonds EFSF ausgeschlossen. Es bleibe bei der Obergrenze von 211 Milliarden Euro, "da wird nichts ausgeweitet", sagte Schäuble am Donnerstag in Berlin. Der Minister bestritt, dass ein Hebel-Mechanismus zur Streckung der EFSF-Mittel mit einer Ausweitung des Haftungsrisikos für Deutschland verbunden sei. Hintergrund der Diskussion um einen Hebel sei die Frage, wie die 211 Milliarden Euro "unterschiedlich effizient eingesetzt" werden könnten.

Schäuble schloss zudem aus, dass sich der EFSF in seiner künftigen Ausgestaltung selbstständig Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen kann. "Das steht nicht zur Diskussion", sagte er. Die Bundesrepublik würde einer solchen Regelung nicht zustimmen: "Wir haben klar gesagt, was es nicht gibt." Überlegungen zu einer Stärkung des EFSF über EZB-Mittel waren unter anderem aus Frankreich gekommen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe die Positionen Deutschlands am Vorabend bei ihrem Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und anderen Spitzenpolitikern "noch mal sehr genau erläutert", sagte Schäuble. Der Minister dementierte, dass die Euro-Politik zu Streit zwischen Paris und Berlin geführt habe. Es gebe eine "völlig übereinstimmende Position Frankreichs und Deutschlands in diesen Tagen", sagte er.

Schäubles Ministerium hatte zuvor in einem Brief an den Haushaltsausschuss eingeräumt, dass die Regierungen der Euro-Staaten ihre Differenzen über die künftige Nutzung des Euro-Rettungsfonds EFSF noch nicht ausgeräumt hätten. Schäuble betonte, dass die zuständigen Gremien des Bundestags in die anstehenden Entscheidungen zum EFSF eingebunden würden.

(apd/AFP/felt)
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