Energiekonzern in der Krise Treuhänder übernimmt bei Steag

Essen · Sanierungsexperte Plathner soll den Stromkonzern Steag für den Verkauf fit machen. Vier Stadtwerke schießen 30 Millionen Euro bei der Beteiligungsgesellschaft KSBG nach. Das Projekt wird für die Revier-Kommunen endgültig zum Flop. Die Gewerkschaft mahnt.

 Die Steag hat 6300 Mitarbeiter.

Die Steag hat 6300 Mitarbeiter.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Der Essener Energiekonzern Steag ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Nun soll ein Treuhänder das Ruder herumreißen: Die Stadtwerke setzen den Sanierungs-experten Jan Markus Plathner zum Treuhänder für die Steag und für die Kommunale Beteiligungsgesellschaft (KSBG) ein, in der die Versorger aus Dortmund, Duisburg, Essen, Bochum, Oberhausen und Dinslaken ihre Steag-Beteiligungen gebündelt haben. „Plathner soll als Geschäftsführer einer Treuhandgesellschaft den Transformationsprozess des Energieunternehmens begleiten und für den Verkaufsprozess vorbereiten“, teilte die KSBG mit.

Die Stadtwerke wollen die Steag verkaufen. Spaß hat sie ihnen ohnehin nicht gemacht: Das Konsortium ächzt unter den hohen Krediten, mit denen einst der 1,2 Milliarden Euro schwere Kauf finanziert wurde. Der Steag ist mit dem Kohleausstieg das Geschäftsmodell weggebrochen; 2020 sollen die Verluste im dreistelligen Millionen-Bereich liegen. Das wollte der Steag-Sprecher auf Anfrage nicht kommentieren: „Aktuell liegt das Jahresergebnis 2020 noch nicht vor“, hieß es. Man wolle im Oktober berichten. Auf Ausschüttungen müssen die Eigentümer ohnehin für drei Jahre verzichten: „Steag schüttet aktuell nicht an die KSBG aus, der Verzicht auf die Ausschüttung stellt den finanziellen Beitrag der Anteilseigner zur Transformation von Steag dar“, erklärte der Sprecher. Dies gelte für die Geschäftsjahre 2020, 2021 und 2022.

Vor wenigen Tagen war der Versuch gescheitert, die RAG-Stiftung als Treuhänder an Bord zu holen. Sie hatte sich zurückgezogen, weil ihr treuhänderisches Konzept – insbesondere bei den Banken – nicht die erforderliche Akzeptanz gefunden habe, so die Stiftung. Hinter den Kulissen soll es gekracht haben. Warum die Stiftung, deren Aufgabe die Finanzierung der Ewigkeitslasten des Bergbaus ist, überhaupt die marode Steag retten wollte, verwunderte viele Beobachter.

Der Chef der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, will bei den Eigentümern darauf dringen, dass die Probleme der KSBG nicht auf dem Rücken der Beschäftigten abgeladen werden. Die Steag hat weltweit 6300 Mitarbeiter, davon 3300 in Deutschland.

Die Steag geht davon aus, dass der Treuhänder sich nicht in das operative Geschäfte einmischt: „Für das Tagesgeschäft ist festzustellen, dass ein Eingreifen des Treuhänders lediglich im Falle klar definierter Ausnahmesituationen vorgesehen ist“, so das Unternehmen. Womit Steag auf Dauer große Geschäfte machen will, wird sich zeigen müssen: Der inländische Kohleausstieg sei weitgehend abgeschlossen, spätestens ab Herbst 2022 werde nur noch das Kraftwerk in Duisburg-Walsum am Markt sein, teilte die KSBG mit.

(anh)
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