Wirbel um Essener Konzern ThyssenKrupp will zwei Milliarden sparen

Essen · Der ThyssenKrupp-Konzern will zwei Milliarden sparen, muss eine Klage der Bahn befürchten – und eine kritisierte Reise erläutern.

Historische Bilder von ThyssenKrupp
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Der ThyssenKrupp-Konzern will zwei Milliarden sparen, muss eine Klage der Bahn befürchten — und eine kritisierte Reise erläutern.

Der Essener Konzern ThyssenKrupp kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Ein Vorstand der Bahn drohte am Wochenende damit, Schadenersatz wegen des sogenannten "Bahnkartells" gerichtlich einzuklagen. "Wenn es nicht bald zu einer Einigung kommt, sehe ich keine Alternative", sagte Gerd Becht, für Recht zuständiger Vorstand der Bahn, gegenüber dem "Spiegel".

Dabei könnte es für ThyssenKrupp um weit mehr als 100 Millionen Euro gehen: Die Bahn geht angeblich von einem Schaden von rund 500 Millionen Euro aus. Und da ThyssenKrupp wichtigster Beteiligter des Schienenkartells zum Verkauf zu teurer Eisenbahnschienen war, kämen auf die Essener weitere hohe Forderungen zu. Immerhin zahlte ThyssenKrupp bereits eine Geldbuße von 103 Millionen Euro wegen des Schienenkartells an das Kartellamt.

Gleichzeitig bereitet der seit knapp zwei Jahren amtierende Konzernchef Heinrich Hiesinger, 52, eine neue Sparrunde vor. Laut einem internen Strategiepapier sollen die Kosten um rund zwei Milliarden Euro gekürzt werden. Dies berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Zur Erleichterung der Arbeitnehmer scheint kein breiter Jobabbau geplant zu sein.

Ärger mit Vorstoß in Brasilien und USA

Allerdings sollen speziell der Einkauf und die EDV effizienter arbeiten. Und obwohl ThyssenKrupp nicht weiß, ob man die viel zu teuer aufgebauten Stahlwerke in Brasilien und den USA zu einem halbwegs erträglichen Preis wieder loswird, plant Hiesinger große Investitionen jenseits der traditionellen Stahlsparte. Fast zwei Milliarden Euro sollen in Forschung und Entwicklung fließen, um beispielsweise die Sparten Aufzüge und Anlagenbau voranzubringen — am Ende soll Thyssen weniger vom Stahl abhängig sein.

Der mies gelaufene Vorstoß nach Brasilien und Alabama (USA) holt den Konzern erneut ein. So lässt Aufsichtsratschef Gerhard Cromme erneut prüfen, ob Ex-Vorstandschef Ekkehard Schulz seine Pflichten verletzte, weil er dem Aufsichtsrat verschwieg, welche Probleme es insbesondere beim Aufbau des Stahlwerkes bei Rio de Janeiro gab. Bisherige Untersuchungen belasteten Schulz nicht, doch die Anwaltskanzlei Hengeler Müller schaut sich die Akten noch einmal an. Immerhin wurden in Brasilien und USA mehr als fünf Milliarden Euro Investitionsgeld "verbrannt".

Wirbel um Reisekosten

Wie schwierig die Lage bei ThyssenKrupp ist, zeigt auch ein Bericht der "Welt am Sonntag." Es wird nahegelegt, Vorstand Jürgen Claassen, 54, habe quasi Urlaub auf Firmenkosten gemacht, weil er bei einer mehrtägigen Reise nach Miami und New York in den schönsten Suiten der besten Häuser unterkam und auch Verwandte zu einem Abendessen in New York traf.

Tatsächlich war die Reise teuer, doch ein dienstlicher Anlass ist nicht abzustreiten: Nur sechs Wochen nach der Tour wurde von ThyssenKrupp das neue Werk in Alabama in einer riesigen Feier eröffnet. Dass Claassen als damaliger Kommunikationschef die Lage vor Ort inklusive einem Abstecher nach Alabama inspizierte, erscheint absolut schlüssig. Zum Treffen mit Verwandten erklärt Thyssen: "Alle privaten Anteile der Reise wurden auch privat gezahlt." Wenn das stimmt, hat Claassen kein Problem.

(RP/jre/sap/csi)
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