Klimaschutz Auf der Suche nach dem grünen Stahl

Thyssenkrupp forscht in Duisburg nach Wegen, um Stahl klimaschonender herzustellen. Sowohl die Vermeidung als auch die Verwertung von Hüttengasen sind das Ziel. Ein Ortsbesuch mit der Bundesforschungsministerin.

 Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff empfängt Anja Karliczek (CDU), Ministerin für Bildung und Forschung, in Duisburg.

Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff empfängt Anja Karliczek (CDU), Ministerin für Bildung und Forschung, in Duisburg.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) blickt sich in der Industriehalle im Duisburger Westen um. Hinter ihr verlaufen auf einem mehrstöckigen, blau-gelben Gerüst Rohrleitungen, Kabel und Schläuche. Herzstück der Anlage ist ein Plexiglastank, in dem per Elektrolyse Wasser in Wasser- und Sauerstoff aufgespalten wird. Karliczek trägt einen orangefarbenen Helm und blauen Schutzanzug mit Thyssenkrupp-Logo. Die Ministerin ist samt Pressetross angereist, um sich vor Ort ein Bild davon zu machen, wie der Industriekonzern an seinem Duisburger Stahlstandort mit den 60 Millionen Euro Fördermitteln des Bundes umgesprungen ist.

Der Mann, der dazu Rede und Antwort stehen soll, steht direkt neben ihr und strahlt in die Kameras.Für Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff dürfte es in diesen schwierigen Tagen, in denen der Konzern einen radikalen Strategieschwenk hinter sich und den Börsengang oder womöglich gar Verkauf seiner Aufzugsparte vor sich hat, einer der angenehmeren Termine sein. Fragen zum geplanten Abbau von 2000 Stellen im Stahl beantwortet Kerkhoff vage mit dem Verweis, man sei mit der Mitbestimmung in Gesprächen.

Ansonsten soll es an diesem Tag vor allem darum gehen, wie der Konzern grüner werden kann. Passend dazu auch die Krawattenfarbe des Konzernlenkers. Bis 2030 will Thyssenkrupp 30 Prozent der Emissionen aus eigener Produktion reduzieren, bis 2050 komplett klimaneutral arbeiten. Ein Baustein dafür ist das Projekt Carbon2Chem: Hüttengase will der Konzern in Grundstoffe wie Amoniak und Methanol für die Chemieindustrie umwandeln. Dazu wurde eigens ein Technikum auf dem Werksgelände errichtet.

Thyssenkrupp muss seine Emissionen dringend reduzieren. Allein schon wegen der nächsten Handelsperiode der EU-Klimazertifikate. Mit der 2021 beginnenden vierten Phase des Zertifikatehandels wird deren Zahl von Jahr zu Jahr reduziert. Dadurch verteuert sich der Ausstoß. Bei Thyssenkrupp fallen 90 Prozent der Emissionen im Stahlbereich an. Oder, wie Karliczek etwas verunglückt scherzt, „beim Kochen für Männer“.

Noch sind sie bei Carbon2Chem in der Erprobungsphase, eine Anlage im industriellen Stil soll es Kerkhoff zufolge jedoch noch vor 2030 geben. Thyssenkrupp wittert ein einträgliches Geschäft. Man habe bereits deutlich über 50 Stahlstandorte weltweit identifiziert, für die das Projekt infrage käme, sagt der Konzernchef. Erste Gespräche mit potenziellen Kunden liefen bereits.

Die Elektrolyse-Einrichtung, in der Karliczek gerade aufmerksam einen Anzeige beobachtet, die zeigt wie hoch die Produktionsmenge an Wasserstoff ist, liefert den Stoff, der auch für ein zweites Projekt zentral ist, mit dem Thyssenkrupp seinen Stahl grüner machen will. Im Oktober startet der Konzern den Einsatz von Wasserstoff in der Stahlproduktion. Zwar wird weiter Kokskohle eingesetzt, aber die Einblaskohle wird durch Wasserstoff ersetzt.

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