Der neue Chef Tim Höttges demonstriert Härte 6000 weitere Jobs bei Telekom in Gefahr

Bonn · Die Sparte für Großkunden und das IT-Geschäft schwächelt weiter. Denn der Wettbewerb gegen US-Konkurrenten ist hart. Mit dem Umbau demonstriert der künftige Vorstandschef Tim Höttges zugleich Härte.

Kritik an Routerzwang beim DSL-Anschluss
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Vor einem Jahr sagte der scheidende Telekom-Chef René Obermann seinem am 1. Januar startenden Nachfolger Tim Höttges: "Ganz so schnell aufrücken kannst Du noch nicht. Du musst noch einiges hinzu lernen." Seit Montag ist nun klar, dass Obermanns engster Vertrauter seine Lektion bereits gelernt hat. So wie der jetzt 50-jährige Obermann vor sieben Jahren seine Zeit als Telekom-Chef damit startete, gegen erbitterten Widerstand der Gewerkschaft Verdi die Ausgründung des Servicebereiches der Telekom durchzusetzen, will nun auch Höttges seine Amtszeit mit einem Paukenschlag beginnen.

Manager bestätigen die Berichte

In der angeschlagenen Großkunden- und Computersparte T-Systems sollen bis zu 6000 der aktuell rund 53 000 Stellen wegfallen. Ein solches Konzept möchte Höttges dem Telekom-Aufsichtsrat am 12. Dezember als Teil der Finanzplanung vorstellen, berichtet das "Handelsblatt". Informierte Manager innerhalb des Konzerns bestätigen zumindest die Richtung: "Es geht Teilen von T-Systems nicht gut. Also sieht die Führung Handlungsbedarf und wird dies auch im Aufsichtsrat berichten."

Damit könnte Deutschlands größtem Telefonkonzern wieder ein harter Konflikt bevorstehen. Denn ärgerlicherweise läuft der bisher vereinbarte Ausschluss von betriebsbedingungten Entlassungen bei T-Systems ausgerechnet im nächsten Jahr aus. "In den bevorstehenden Tarifverhandlungen steht für uns der weitere Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen ganz oben", sagt Lothar Schröder, Vorstand von Verdi und stellvertretender Aufsichtsratschef der Telekom. "Wenn es ernst wird, wird eben gestreikt", ergänzt ein Konzernbetriebsrat.

Der Chef verweist auf soziale Tradition

Höttges selbst versucht dagegen, die Mitarbeiter zu beruhigen: In einem internen Brief verweist der seit 14 Jahren im Konzern arbeitende Betriebswirt auf die soziale Praxis der Telekom beim Stellenabbau: "Es ist für uns gute und gelebte Tradition, den Umbau im Dialog mit dem Sozialpartner zu gestalten." Er weist auch ausdrücklich auf die bisher sehr großzügigen Regeln der Telekom bei Aufhebungsverträgen hin. Für den "sozialverträglichen Umbau" würde jährlich "eine Milliarde Euro" ausgegeben — was im Einzelfall Abfindungen von weit mehr als 150 000 Euro ermöglicht.

Dabei ist klar, wohin der Umbau der Telekom und speziell von T-Systems geht: Mit internetbasierten Diensten aus der sogenannten "Cloud" möchte man mit relativ wenig Mitarbeitern, aber umso besseren Ideen künftig Geld machen: Dafür stellt T-Systems beispielsweise immer weitere Experten für Energiewirtschaft, das Gesundheitswesen oder die Autoindustrie ein. Sie sollen helfen, neue Dienstleistungen aufzubauen, die dann weltweit vermarktet werden. Auch das Zukunftsfeld Computersicherheit wird zügig ausgebaut — hier hoffen die Deutschen mit ihren Angeboten speziell gegenüber amerikanischen Wettbewerbern und deren vermuteten Verbindungen zu US-Geheimdiensten zu punkten.

Das Stammgeschäft hat gelitten

Dem Stammgeschäft des sogenannten "Outsourcing" des Betriebs von Rechenzentren geht es dagegen immer schlechter — hier wollen Höttges und T-Systems-Chef Reinhard Clemens Arbeitsplätze streichen: Ein Grund dafür ist der Preisdruck amerikanischer Wettbewerber wie Hewlett Packard oder IBM: Weil sie fast die Hälfte vieler Aufträge von billigen Partnerfirmen in Indien erledigen lassen, können sie viele Projekte günstiger erledigen als T-Systems, die meist nur rund ein Viertel der Arbeit "offshore" erledigen lässt.

Hinzu kommen die Folgen des technischen Wandels: Immer mehr Computerarbeit der Firmen wird direkt aus dem Internet erledigt, also über die Cloud. Das spart Kosten, doch gleichzeitig werden dafür immer weniger Leute gebraucht — bei den großen Telekom-Kunden und bei ihr selbst.

(RP)
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