Mindestlohn trifft Branche hart Taxiunternehmer ringen mit Verdi um Tarifvertrag

Düsseldorf · Der Mindestlohn bringt die Branche in Bedrängnis. Erstmals verhandelt ihr Verband deshalb mit der Gewerkschaft. Die Fahrpreise dürften steigen.

Mindestlohn trifft Branche hart: Taxiunternehmer ringen mit Verdi um Tarifvertrag
Foto: C. Schnettler

Sie haben es derzeit nicht leicht, die deutschen Taxiunternehmer. Heute startet das Konkurrenzunternehmen Uber seine umstrittene App Uber-Pop in Düsseldorf, Köln und Stuttgart. Mit deren Hilfe mutieren Laien zu Taxifahrern. Viel mehr aber noch als über den unliebsamen Uber-Angriff sorgen sich die Taxi-Unternehmer über eine Entwicklung, die die große Koalition in Berlin zu verantworten hat: die Einführung des Mindestlohns im kommenden Jahr.

Denn die Taxibranche wird äußerst hart von der Lohnanhebung getroffen: "Die Lohnstrukturen sind zwar hierzulande sehr unterschiedlich, bundesweit gilt aber: Die 8,50 Euro werden bislang durchgängig unterschritten", sagt Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes (BZP). "In einigen Regionen liegt der Stundenlohn bei 4,50 bis 5,00 Euro."

Er rechnet vor, dass bei der Einführung des Mindestlohns im kommenden Jahr auf einen Schlag 50.000 bis 70.000 Arbeitsplätze wegfallen würden. Dem Statistischen Bundesamt zufolge gibt es rund 200.000 Beschäftigte in der Branche, 87 Prozent von ihnen gelten als Niedriglohnempfänger.

Der BZP will verhindern, dass es zu Massenentlassungen kommt, und hat sich deshalb durchgerungen, erstmals auf Bundesebene in Tarifverhandlungen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi einzutreten. Denn das Gesetz von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sieht eine zweijährige Übergangszeit für die Branchen vor, die eine eigene Lohnuntergrenze ausgehandelt haben. Ein erstes "Beschnuppern" beider Seiten fand nach Informationen unserer Zeitung Mitte der Woche in Berlin statt.

"Wir stehen vor schwierigen Verhandlungen, denn wir müssen nun erst einmal klären, was die Unternehmer unter einer Stunde verstehen", sagte eine Verdi-Sprecherin. "Wie wird mit Standzeiten umgegangen, wie mit einem Stau? Wie können wir verhindern, dass die Unternehmer zur Kostenreduzierung einfach die Einsatzzeiten der Fahrer reduzieren? Und was ist mit Urlaubszeiten?" All diese Fragen müssten geklärt und in einem Manteltarifvertrag festgeschrieben werden. "Erst dann können wir überhaupt über den Lohn reden", so die Verdi-Sprecherin. Ziel sei es jedoch, noch im September mit den Gesprächen fertig zu werden.

"Sollten wir zu einer Einigung kommen, würden wir damit einen Aufschub bis 2017 erreichen", sagt BZP-Geschäftsführer Grätz. Denkbar wäre aus seiner Sicht für diesen Zeitraum beispielsweise eine zweistufige Erhöhung. "Die Unternehmen benötigten die dadurch gewonnene Zeit, um von der bisherigen Umsatzbeteiligung der Fahrer zu einem Stundenlohnmodell zu gelangen."

Anders als andere Branchen werden die Taxi-Unternehmer es zudem schwieriger haben, die höheren Personalkosten auf die Kunden abzuwälzen. Denn für die Höhe der Preise sind die Städte und Kreise zuständig. Auch dafür benötigt der Verband Zeit: "Die Gebühren müssen kundenfreundlich und nicht auf einen Schlag angepasst werden. Denn klar ist: Der Mindestlohn verteuert das Taxifahren", sagt Grätz. "Die Städte und Kreise werden - wenn sie weiterhin eine tragfähige Taxiabdeckung haben wollen - um Gebührenerhöhungen nicht herumkommen."

Genau dieses Konstrukt birgt laut BZP aber Gefahren: "Da die Gebühren von der Kommunalpolitik bestimmt werden, besteht immer die Gefahr, dass sich bei anstehenden Wahlen die Mandatsträger vor unpopulären Entscheidungen drücken", sagt Grätz. "Das darf dann aber nicht zulasten der Taxi-Unternehmer gehen." Der Verband habe bereits Vorgespräche mit dem Städte- und Landkreistag geführt. "Diese haben uns auch gezeigt, dass das Problem erkannt wurde, und es die grundsätzliche Bereitschaft zum Entgegenkommen gibt", sagt BZP-Geschäftsführer Grätz.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort