Siemens-Betriebsratschef Lothar Adler Streit um hohe Betriebsratsgehälter

Düsseldorf · Rund 300.000 Euro erhält Siemens-Betriebsratschef Lothar Adler – warum, wird nun untersucht. Auch Uwe Hück von Porsche gilt als Spitzenverdiener – ebenso manche Kollegen bei NRW-Konzernen. Eine diffuse Rechtslage sorgt für Streit.

 Rund 300.000 Euro erhält Siemens-Betriebsratschef Lothar Adler.

Rund 300.000 Euro erhält Siemens-Betriebsratschef Lothar Adler.

Foto: DPA / Peter Kneffel

Rund 300.000 Euro erhält Siemens-Betriebsratschef Lothar Adler — warum, wird nun untersucht. Auch Uwe Hück von Porsche gilt als Spitzenverdiener — ebenso manche Kollegen bei NRW-Konzernen. Eine diffuse Rechtslage sorgt für Streit.

Was verdient der Vorstand eines börsennotierten Konzerns? Genau den Millionenbetrag, den der Aufsichtsrat festlegte — und oft ähnlich viel wie die Top-Leute der Konkurrenz. Die Zahlen stehen in den Geschäftsberichten. Und was verdient der Betriebsratschef? Praktisch alle Unternehmen Deutschlands halten die Zahlen vertraulich, "doch mehr als 100 000 Euro sind es wohl bei den meisten großen Adressen", meint der Frankfurter Arbeitsrechtler Ulrich Fischer. Der Grund dafür ist klar, so Fischer: "Kein Unternehmen will einen Dauerstreit ausgerechnet mit wichtigen Arbeitnehmervertretern provozieren. Da rundet man beim Gehalt im Zweifelsfall eher auf als ab."

Wohin eine diffuse Rechtslage führt, zeigt nun Siemens: 300 000 Euro Jahresgehalt erhält Betriebsratschef Lothar Adler laut "Süddeutscher Zeitung". Dem neuen Vorstandschef Joe Kaser ist das Thema so unangenehm, dass er eine Sonderprüfung veranlasste. Für Brisanz sorgen dabei drei Dinge: 100 000 Euro zusätzlich zum bis dahin geltenden Gehalt erhielt Adler ausgerechnet 2008, als er Leiter des Konzernbetriebsrates wurde. Dabei verbietet das Gesetz eine finanzielle Begünstigung wegen einer Betriebsratsposition. Zweitens versucht Adler bei Siemens ein Jahr länger als bis 65 zu bleiben. Nachdem Personalvorstand Brigitte Ederer ihm das verweigern wollte, ließ Adler sie aus dem Amt drängen. Schon früher musste Siemens zugeben, die Konzern-freundliche Scheingewerkschaft AUB illegal finanziert zu haben. Der Verdacht auf neue Kungeleien kommt nun ungelegen.

"Keinen Kommentar zur Vergütung der Arbeitnehmervertreter"

Entsprechend sensibel reagieren Gewerkschaften wie Unternehmen auf die aktuelle Debatte. "Keinen Kommentar zur Vergütung der Arbeitnehmervertreter", heißt es bei Lufthansa. "Wir halten uns an die Regeln, individuelle Gehälter publizieren wir natürlich nicht", sagt ein Henkel-Sprecher. Und die Versicherung Ergo erklärt: "Die Vergütung eines Betriebsrats richtet sich nach der Tätigkeit, die vor der Übernahme der Funktion ausgeübt wurde. Gehaltszuschläge gibt es nicht."

In den Unternehmen gilt ansich die Regelung, dass Betriebsräte wie "vergleichbare Arbeitnehmer" behandelt werden — bei Gehalt, Zuschlägen, Dienstwagen. Dabei gibt es Spielräume. Gabriele Gratz, die langjährige Betriebsrats-Chefin von Eon Ruhrgas, etwa wird wie eine "Referentin im Personalwesen" bezahlt. Sie hatte einst als Sekretärin gearbeitet. Doch dank späterer Fortbildungen stufte man sie höher ein. Thomas de Win, Betriebsrats-Chef von Bayer, hatte einst als kaufmännischer Angestellter angefangen und wird nun vergleichbar bezahlt. "Die Bezahlung muss transparent sein", sagt Gratz. Man müsse auf jeder Betriebsversammlung bestehen können.

Bei Porsche gilt als sicher, dass der langjährige Betriebsratschef Uwe Hück rund 250 000 Euro im Jahr kassiert. Er selber sagt nur, er werde "nicht mehr wie ein Lackierer bezahlt, sondern entsprechend meiner im Laufe der Zeit erworbenen Qualifikationen". Bei Portigon (früher WestLB) gehört Doris Ludwig auch nicht zu den Armen. Weil sie vor ihrer Wahl zur Betriebsratschefin Geschäftsstellenleiterin, Gewerkschaftssekretärin und Gleichstellungsbeauftragte war, ist ein gutes Gehalt zwingend. "Der Maßstab lautet ja immer, wie sich ein Mitarbeiter auch ohne Betriebsratsmandat beim Gehalt entwickelt hätte", sagt Arbeitsrechtler Fischer, "da haben es Ex-Führungskräfte leichter."

Schmaler Weg

Ansonsten sind die Unternehmen gezwungen, den schmalen Weg zwischen fairer Behandlung und verbotener Begünstigung zu gehen. Bei Vodafone bewerten externe Experten in Einzelfällen, wie sich ein freigestellter Betriebsrat entwickelt hätte, wenn er im Job geblieben wäre. Bei der Telekom musste der frühere Betriebsratschef Wilhelm Wegner Prüfungen für Beförderungen machen und erhielt am Ende ein Gehalt von A15. Das ist mit rund 5000 Euro brutto keineswegs schlecht, aber als Vertreter von 250.000 Arbeitnehmern auch kein Bombengehalt.

Und natürlich können Konzerne mit Karrieren locken. Schon mancher Betriebsrats-Chef wurde gut bezahlter Pesonalvorstand. So machte es Thomas Schlenz bei ThyssenKrupp, so machte es Uwe Tigges bei RWE. Gehalt: ohne Leistungszulagen fast eine Million Euro.

(RP)
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