Welche Folgen der Ausstand für Unternehmen hat Auch die Wirtschaft stöhnt über den Bahnstreik
Berlin · Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL trifft nicht nur Pendler und Reisende, sondern auch den Güterverkehr. Entsprechend kritisch zeigen sich Vertreter der Wirtschaft, wenn es um den Ausstand geht. Das könnte am Ende der Bahn schaden – und damit auch den Lokführern selbst.

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Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL trifft nicht nur Pendler und Reisende, sondern auch den Güterverkehr. Entsprechend kritisch zeigen sich Vertreter der Wirtschaft, wenn es um den Ausstand geht. Das könnte am Ende der Bahn schaden — und damit auch den Lokführern selbst.
Es ist ein Ausstand, den es so in der Geschichte der Deutschen Bahn noch nicht gegeben hat. 98 Stunden wollen die Lokführer streiken — im Personen- und im Güterverkehr. Und das führt zu immer mehr Unverständnis, auch in der Wirtschaft. Denn viele Branchen liefern ihre Güter über die Schiene und müssen sich nun ebenfalls kurzfristig nach Alternativen umsehen.
Entsprechend kritisch sieht der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks den Streik. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte er: "Was derzeit bei der Bahn passiert, ist Gift für den Standort Deutschland." Denn die Streiks führten bereits nach wenigen Tagen zu Produktionsstörungen, "weil Bahntransporte oft nicht kurzfristig auf Straßen oder Schiffe verlagert werden können."

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Auch der Bundesverband für Groß-, Außenhandel und Dienstleistungen bezeichnet den Ausstand der Lokführer als völlig unverhältnismäßig. "Auf dem Rücken unbeteiligter Kunden und Unternehmen einen gewerkschaftlichen Konkurrenzkampf auszutragen, wird sich als Bumerang erweisen", sagte BGA-Präsident Anton Börner, der mit starken Verzögerungen in der Lieferkette, Produktionsausfällen und erheblichen Einbußen rechnet.
BVMW: "Mittelstand in Geiselhaft genommen"
Und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach in der "Bild"-Zeitung von einem "Missbrauch des Streikrechts" und forderte einen Schlichter, um Schaden von der Volkswirtschaft abzuwenden. Allerdings scheinen viele Unternehmen bereits vorgesorgt zu haben und leiten ihre Transporte auf die Straße um.
Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) hatte gesagt, durch den Streik werde "der Mittelstand in Geiselhaft genommen". Den Betrieben in NRW würden schwere Lasten aufgebürdet, hieß es in einer Erklärung.
Ein Sprecher des Bundesverbandes Güterverkehr, Logistik und Entsorgung sagte, schon vor Wochen hätten vor allem Autokonzerne versucht, sich vorsorglich Transportkapazitäten bei Speditionen zu sichern. Allein für diese Branche rollen täglich rund 200 Züge durch Deutschland. Ein vollständiger Ersatz für die Zugausfälle ist aber nach Angaben des Verbandes der Automobilbranche nicht möglich.
Dass sich die Unternehmen aber schon nach Alternativen umschauen, dürfte auch an der Bahn nicht ohne Stirnrunzeln vorbeigehen. Denn je länger die Streiks dauern, umso mehr werden sich auch große Firmen überlegen, ob sie denn beim Transport ihrer Güter auch in Zukunft auf die Deutsche Bahn setzen wollen oder völlig auf sie verzichten.
"Bahn wird auf Dauer geschädigt"
Das sieht auch Martin Döhrn vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung so. Im Gespräch mit dem WDR sagte er, er sehe angesichts des Streiks kaum Auswirkungen auf die Konjunktur, weil sich die Produktion verlagere, aber nicht still stehe, doch "die Bahn wird auf Dauer geschädigt, weil Einnahmen ersatzlos wegfallen". Schon beim Streik-Wochenende im Oktober hat das Unternehmen demnach einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe verbuchen müssen.
Und das könnte sich letztlich auch auf die Lokführer selbst auswirken, die ja eigentlich für mehr Gehalt streiken. Denn wenn die Deutsche Bahn Kunden— egal ob im Personen- oder im Güterverkehr — und damit Umsatz auf Dauer verliert, dürfte das die Position der Lokführer kaum stärken.
Doch die Fronten scheinen zu verhärtet, als dass die beiden Tarifpartner noch eine friedliche Lösung finden könnten. Ein Streikschlichter, wie ihn nicht nur Gabriel vorschlug, dürfte daher die beste Möglichkeit sein, um noch mehr Schaden abzuwenden — von Pendlern, Unternehmen und letztlich auch von der Deutschen Bahn und ihren Lokführern.
mit Agenturmaterial