Tag der Entscheidung für Arcandor Steinbrück schließt Insolvenz nicht aus

Berlin (RPO). Bundesfinanzminister Peer Steinbrück schließt nicht mehr aus, dass der Handels- und Touristikkonzern Arcandor noch am heutigen Montag in die Insolvenz geht. Dies sagte der stellvertretende SPD-Chef am Montag im ARD-"Morgenmagazin" kurz vor einem Treffen des Lenkungsausschusses Unternehmensfinanzierung der Bundesregierung.

Opel, Arcandor, Schaeffler - Sündenfall Staatshilfen
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Foto: AP

Arcandor hatte zuvor gewarnt, man müsse kurzfristig Insolvenz anmelden, wenn die Regierung den beantragten Notkredit in Höhe von 437 Millionen Euro ablehnen sollte.

Steinbrück sagte, bei den Beratungen über eine Rettung seien nun in erster Linie die beiden großen Aktionärsgruppen sowie die Vermieter und die Lieferanten gefragt. Als Finanzminister frage er insbesondere, welche Sicherheiten es gebe. Diese Fragen seien zu klären, forderte er. "Ich für meinen Teil schließe nicht aus, dass wenn sie nicht geklärt werden, auch ein Insolvenzverfahren als letzte Lösung keineswegs ausgeschlossen ist."

Diese Auffassung teile nach seinem Eindruck auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die CSU spiele hingegen ein Doppelspiel, kritisierte der SPD-Politiker. Er werde einerseits von CSU-Bürgermeistern und von CSU-Chef Horst Seehofer gebeten, bei Arcandor behilflich zu sein, aber der CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg lehne das ab und geriere sich als "ordnungspolitischer Riese".

Am Montagvormittag sollte der Lenkungsausschuss der Bundesregierung über die von Arcandor beantragten Staatsbürgschaften von 650 Millionen Euro entscheiden. Werden diese Bürgschaften abgelehnt, bleibt Arcandor noch der alternative Antrag auf Rettungsbeihilfe über 437 Millionen Euro. Hierüber wollte die Bundesregierung am Mittag beraten. Es ist aber nicht sicher, ob bereits am Montag eine Entscheidung gefällt wird.

Der Lenkungsausschuss setzt sich aus Vertretern der Ressorts Wirtschaft, Finanzen, Justiz und des Kanzleramts zusammen. Zuvor hatte bereits der Lenkungsrat Unternehmensfinanzierung, ein beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedeltes achtköpfiges Expertengremium, eine Bürgschaft für Arcandor abgelehnt. Die endgültige Entscheidung erfolgt dann im Lenkungsausschuss.

Arcandor am "Freitag zahlungsunfähig"?

Wenn sowohl Staatsbürgschaften als auch Rettungsbeihilfe am Montag abgelehnt werden, wird Arcandor Insolvenz anmelden. "Dann wissen wir heute schon, dass wir am Freitag zahlungsunfähig sind", sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski. Würden allerdings nur die Staatsbürgschaften am heutigen Tage abgelehnt, dann würde keine Insolvenz angemeldet.

Arcandor fiebert Entscheidung entgegen. "Wir hoffen, dass die Politik unser Bemühen zur Rettung des Unternehmens anerkennt und die Bürgschaften erteilt", sagte Sprecher Gerd Koslowski. Unterdessen forderten führende SPD-Politiker erneut ein stärkeres Engagement der Eigentümer. Karstadt-Beschäftigte wollten zu Wochenbeginn erneut in den Filialen mit Aktionen auf die Situation aufmerksam machen.

Unterdessen forderte SPD-Chef Franz Müntefering die Eigentümer des schwer angeschlagenen Konzerns zu mehr Engagement auf. "Zunächst mal müssen die Eigentümer natürlich ran. Das ist überhaupt keine Frage. Die haben die Verantwortung", sagte er. "Wenn man helfen kann, muss man helfen. Ob es in diesem konkreten Fall geht, da sind in den letzten Tagen viele Zweifel aufgetaucht, das ist wahr, aber wir kämpfen um jeden Meter", sagte Müntefering weiter.

Auf die konkrete Nachfrage, ob Müntefering staatliche Hilfen weiter befürworte, äußerte er sich zurückhaltend. "Das kann man nicht im Parteihaus entscheiden." Es gehe darum, "Bedingungen zu suchen, um Menschen zu helfen und Arbeitsplätze zu sichern und die Linie werden wir beibehalten". Bislang hatte sich Müntefering klar für staatliche Hilfen für Arcandor ausgesprochen.

Kein Durchbruch bei Spitzengespräch am Sonntag

Ein Spitzengespräch der Handelsriesen Metro und Arcandor über eine Fusion ihrer Kaufhausketten Kaufhof und Karstadt war am Sonntag ohne Durchbruch zu Ende gegangen. Es gebe nach wie vor gravierende Meinungsunterschiede über den Kaufpreis und über die Zahl der für eine Übernahme attraktiven Standorte, hieß es nach Abschluss der Verhandlungen in Metro-Kreisen.

Die Gespräche zwischen Metro und Arcandor über eine Fusion der Warenhausketten Karstadt und Kaufhof verlaufen nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu zögerlich. "Ich höre, dass die Verhandlungen nicht so weit gediehen sind", sagte Guttenberg am Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München. "Ich kann nur dazu aufrufen, dass diese Gespräche entsprechend klar und deutlich weiter geführt werden."

Eine Einigung über einen Zusammenschluss der Ketten gilt als Vorbedingung für eine mögliche Staatshilfe für den akut ums Überleben kämpfenden Arcandor-Konzern. Die Gespräche sollen kurzfristig fortgesetzt werden, "weil die Situation keinen zeitlichen Aufschub verträgt", betonten die Unternehmen.

(AP)
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