Fiat sagt Teilnahme an Spitzengespräch ab Steigt jetzt auch Magna aus dem Poker aus?

Berlin (RPO). Die Zeit für Opel wird immer knapper. Am Morgen sagte Fiat das Gipfeltreffen in Berlin ab. Weil die Opel-Mutter GM immer neue Forderungen stellt, steht jetzt offenbar auch der Autozulieferer Magna vor dem Absprung. Das Spitzentreffen im Kanzleramt droht zu platzen, eine Opel-Insolvenz rückt näher.

So spielte sich der Opel-Poker im Kanzleramt ab
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Der kanadische Autozulieferer Magna will angeblich aus dem Bieterkampf um Opel aussteigen. Wie das Nachrichtenportal "Bild.de" aus Verhandlungskreisen berichtete, gibt es vom Mutterkonzern General Motors (GM) immer neue Forderungen. Seit sechs Uhr am Freitagmorgen verhandelten die Magna-Chefs mit der GM-Führung im Berliner Luxus-Hotel Adlon, heißt es weiter. "Anscheinend ohne Ergebnis." Magna wolle deshalb aufgeben.

Am Morgen war bekannt geworden, dass der bisherige Mitbieter, der italienische Autobauer Fiat, nicht am Opel-Gipfeltreffen bei Bundeskanzlerin Angela Merkel am Nachmittag teilnimmt.

Spitzentreffen im Kanzleramt droht zu platzen

Nach der Absage von Fiat stellt die Bundesregierung das für den Freitagnachmittag geplante Spitzentreffen zur Zukunft von Opel nun sogar in Frage. Der Gipfel werde nur stattfinden, wenn sich die potenziellen Investoren und der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) in den relevanten Punkten verständigt haben und "Substanzielles" vorlegen, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin.

Die Regierung erwarte zum Spitzentreffen eine entsprechende Absichtserklärung der Beteiligten. Ab 14 Uhr werde eine Staatssekretärsrunde den Verhandlungsstand prüfen. Dann werde entschieden, ob das Spitzentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), den beteiligten Ministerien, den Ministerpräsidenten mit den Vertretern der US-Regierung, vom US-Konzern GM und vom österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna stattfinde.

Zuletzt waren Magna die besten Chancen für eine Übernahme eingeräumt worden, da das Unternehmen Bereitschaft zur Übernahme eines weiteren Liquiditätsbedarfs signalisiert hatte. So sah Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) Magna beispielsweise in der "Pole-Position".

Am Donnerstag hatte die Magna-Führung noch angeboten, das plötzlich entstandene 300-Millionen-Loch bei Opel zu decken. Mit dieser Finanzlücke war GM erst beim Krisen-Gipfel im Bundeskanzleramt herausgerückt. Das Finanzloch war im sogenannten Cash-Pool von General Motors entdeckt worden, der von den internationalen Tochterfirmen gefüllt wird.

Merkel schließt Insolvenz nicht aus

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schließt die Opel-Insolvenz nicht mehr aus. Merkel sagte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel": "Wir setzen alles daran, eine andere Lösung zu finden." Eine direkte Beteilung des Staates komme aber nicht in Betracht, bekräftigte sie.

Merkel übte Kritik an der US-Regierung und verlangte eine noch intensivere Zusammenarbeit: "Hier gibt es sicherlich noch Steigerungsmöglichkeiten auf amerikanischer Seite", sagte sie dem "Spiegel".

Die Vorwürfe der SPD gegen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wies Merkel zurück. Guttenberg tue nichts weiter als seine Pflicht, wenn er sowohl auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen als auch auf das Geld der Bürger achte. Guttenberg hatte die Möglichkeit einer geordneten Insolvenz immer wieder ins Spiel gebracht. Dieses Szenario sei ein "Druckpotenzial" gegenüber den Amerikanern.

Fiat-Chef Sergio Marchionne wurde am Morgen mit den Worten zitiert, man bleibe "offen und interessiert daran, die Gespräche mit allen Beteiligten weiterzuführen". Ziel sei, eine "stabile und dauerhafte Lösung für die industriellen Aktivitäten von Opel zu finden". Marchionne sagte weiter, Fiat habe einen Plan vorgelegt, der die "sozialen Kosten" eines Integrationsprozesses begrenzen und zugleich hohe Synergien durch Nutzung gemeinsamer Plattformen, Komponenten und Getriebe generieren würde.

Der Manager kritisierte, Fiat habe keinen vollen Zugang zu den Finanzdaten des Rüsselsheimer Autoherstellers gehabt. Aus diesem Grund sähen sich die Italiener nicht in der Lage, ein Gebot für die GM-Tochter abzugeben, das fair sowohl für den US-Konzern als auch für Fiat ist.

Weitere Zahlungen "unangemessen"

Mit Blick auf die jüngsten Nachforderungen im Fall Opel sagte Marchionne, es sei "unangemessen", von Fiat weitere Zahlungen zu erwarten. GM hatte in der Nacht zum Donnerstag überraschend einen neuen Finanzbedarf für Opel von 300 Millionen Euro angemeldet, der bereits in den nächsten Tagen fließen sollte.

Die Bundesregierung hatte für Freitagnachmittag zunächst weitere Gespräche zur Zukunft von Opel angesetzt. Ob diese stattfinden werden, steht noch nicht fest.

Opel beschäftigt in Bochum sowie im hessischen Rüsselsheim, im thüringischen Eisenach und im rheinland-pfälzischen Kaiserslautern 25 000 Mitarbeiter, 5000 davon in Bochum.

US-Regierung will Milliarden in GM pumpen

Die US-Regierung will den Opel-Mutterkonzern General Motors während eines geordneten Insolvenzverfahrens mit weiteren 30 Milliarden Dollar unterstützen. Zusätzliche neun Milliarden Dollar sollen von der kanadischen Regierung kommen, erklärte ein hoher Regierungsvertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte, am Donnerstagabend.

Nach seiner Schätzung dürfte der Konzern 60 bis 90 Tage unter Gläubigerschutz stehen. Danach soll GM nach den Plänen des Finanzministeriums zu 72,5 Prozent den USA gehören und den größten Teil seiner Schulden von 67 Milliarden Dollar abgeworfen haben.

Aus Verhandlungskreisen hieß es, GM dürfte den Insolvenzantrag am Montag stellen, wenn das von Präsident Barack Obama gesetzte Ultimatum abläuft. Das Verfahren nach Kapitel 11 des US-Konkursrechts dürfte länger dauern als bei Chrysler. Die angestrebte Reorganisation, an deren Ende ein schlankeres und wieder gewinnträchtiges Unternehmen stehen soll, brauche wegen der Größe und Komplexität des einst größten Autokonzerns der Welt mehr Zeit, hieß es.

Die US-Regierung hat bisher bereits 19,4 Milliarden Dollar aufgebracht, um General Motors vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren. Unterdessen scheint die Umschuldung des Konzerns einen Schritt voranzukommen. Ein Teil der Inhaber von GM-Schuldverschreibungen ist auf ein verbessertes Abfindungsangebot eingegangen.

(AFP)
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