Start-up aus dem Kreis Düren Übergrößen-Händler Navabi in Schwierigkeiten
Niederzier · Im vergangenen Jahr konnte sich der in Aachen gegründete Online-Händler noch über den Einstieg des Medienkonzerns ProsiebenSat.1 freuen. Doch in der Corona-Krise verging zu vielen Kunden die Lust auf Mode. Nun leitet das Start-up die Sanierung ein.
Als das Start-up Navabi im vergangenen Jahr den Einstieg von Seven Ventures bekanntgab, schien es, als könnte sich Geschichte wiederholen. Immerhin hatte auch der Online-Modehändler Zalando vor einigen Jahren massiv von der Kooperation mit der Tochter des Medienkonzerns ProsiebenSat.1 profitiert. Werbezeit gegen Firmenanteile – so lautete der Deal bei Zalando wie bei dem auf Übergrößen spezialisierten Online-Händler Navabi. „Mit dem Deal schaffen wir eine gewaltige TV-Präsenz und können unsere Markenbekanntheit massiv ausbauen“, freute sich Navabi-Gründer Bahman Nedaei damals.
Ein Jahr später hat das Coronavirus alles verändert. Bereits Ende Juni musste Start-up beim Amtsgericht Aachen ein Sanierungsverfahren einleiten. Nachdem der Umsatz in der Krise um bis zu 70 Prozent eingebrochen war, drohte dem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit.
Während des Sanierungsverfahrens bleiben die beiden Gründer, Bahman Nedaei und Zahir Dehnadi, im Amt. Sie wollen gemeinsam mit einer sogenannten Sachwalterin, der Rechtsanwältin Nada Nasser, Lösungen suchen, um das Geschäft zu retten. „Wir sind davon überzeugt, gemeinsam mit allen Beteiligten den Geschäftsbetrieb stabilisieren und zügig einen Sanierungsplan vorlegen zu können“, sagt Geschäftsführer Nedaei.
Navabi wurde 2008 von Nedaei und Zahir Dehnadi in Aachen gegründet und aufgebaut. Anfang 2020 war man mit dem Unternehmen nach Köln gezogen, hatte den Hauptsitz aber bereits wenige Wochen später nach Niederzier im Kreis Düren verlegt. Dort hatte man bereits vorher ein Logistikzentrum betrieben. Die Gründe für den Umzug sind unklar. Ein Vorteil ist der etwas niedrigere Gewerbesteuer-Hebesatz, den die Stadt im Kreis Düren im Vergleich zu Köln erhebt.
Der Online-Händler ist auf Übergrößen spezialisiert und in diesem Segment zu einem führenden Anbieter in Europa aufgestiegen. Investoren hatten seit der Gründung mehr als 30 Millionen Euro in das Start-up investiert. Mit dem Geld hatte Navabi in den vergangenen Jahren auf Wachstum gesetzt und dabei Verluste in Kauf genommen. Allein 2018 gab es ein Minus von rund fünf Millionen Euro, nachdem man auch in den Jahren zuvor rote Zahlen geschrieben hatte.
Um die Profitabilität zu steigern, setzt das Management seit einigen Jahren auf Eigenmarken, da man an diesen deutlich mehr verdiente als am Verkauf von Artikeln anderer Hersteller. Gleichzeitig wurde zuletzt bereits die Mitarbeiterzahl reduziert. 2018 beschäftigte man laut Bundesanzeiger noch 154 Arbeitskräfte, wovon knapp 20 als Aushilfen beschäftigt waren. Aktuell liegt die Zahl der Mitarbeiter nach Angaben eines Sprechers bei 130 Mitarbeiter.
Die Coronakrise hat die Wirtschaft hart getroffen – viele Online-Anbieter galten jedoch als Gewinner der Krise. Allein Zalando konnte während des zweiten Quartals mehr als drei Millionen neue Kunden gewinnen. Umsatz- und Gewinnprognose für das Gesamtjahr wurden angehoben. Navabi profitierte hingegen ganz offensichtlich nicht genug von den coronabedingten Schließungen stationärer Händler. Stattdessen schienen viele Kunden generell auf Käufe zu verzichten. Die Übergrößen-Kundinnen, heißt es bei Navabi, zählten teils schon zur Risikogruppe und seien offenbar derart verunsichert gewesen, dass ihnen die Lust auf Mode vergangen sei.