Start-up Herbsom Gründerinnen entwickeln Do-it-yourself-Naturkosmetik
Münster · Eine Creme, viele Variationen: Mit ihrem Start-up wollen sich zwei Frauen gegen die Konkurrenz der Kosmetik-Konzerne behaupten. Dafür suchen sie neue Wege bei Produkt und Vertrieb – bis hin zum digitalen Live-Shopping.
Die Idee hätte mit einer simplen Abschlussnote ihr Ende finden können: Für ein Uni-Seminar in Münster entwickelten Kathrin Fesenmeyer und Alica Klemm eine neue Naturkosmetik-Marke, bei der sich Kundinnen und Kunden die gewünschten Wirkstoffe selbst zusammenstellen. Doch nach Abschluss des Semesters war den beiden damaligen Marketing-Studentinnen klar: Das Konzept ist zu gut, um es in der Schublade verschwinden zu lassen. „Zum einen hatten wir eine intrinsische Begeisterung gespürt“, sagt Fesenmeyer, „zum anderen haben wir auch gutes Feedback von Kommilitonen und Professoren erhalten.“
Aus Studentinnen wurden so Gründerinnen: Nach und nach verfeinerten sie das Konzept, sprachen mit Chemikern, suchten Lieferanten, entwickelten die Marke „Herbsom“, eine Mischung aus den englischen Begriffen für Kraut (herb) und Blüte (blossom). Seit dem vergangenen Dezember verkaufen sie das Produkt: Nutzerinnen und Nutzer können sich bis zu vier Wirkstoffe aussuchen, die ihnen besonders wichtig sind – etwa gegen Schwellungen, trockene Haut oder Akne. Versandt wird dann ein Tiegel der Creme samt kleiner Ampullen, die dann zuhause zusammengerührt werden können. „So sind mehr als 500 Kombinationen möglich“, sagt Klemm.
Mit ihrem noch kleinen Start-up mischen die beiden Münsteranerinnen jetzt in einem großen Geschäft mit: Allein in Deutschland wurde im vergangenen Jahr Naturkosmetik im Wert von fast 1,5 Milliarden Euro verkauft. Das Interesse an Produkten, die auf Weichmacher oder erdölbasierte Stoffe verzichten, steigt stetig. Doch auch die Konkurrenz ist groß: Drogerieketten haben Eigenmarken entwickelt, globale Kosmetikkonzerne wie L’Oréal oder Henkel haben eigene Produktlinien entwickelt. Dazu kommen Start-ups wie Plantbase aus Hannover, die ebenfalls mit Naturkosmetik um Kundschaft werben.
Die Herbsom-Macherinnen versuchen daher, eigene Wege zu finden. Dazu zählt der Fokus auf das Produkt: Sie setzen auf den „Do-it-yourself“-Effekt. Kundinnen und Kunden wählen die genauen Inhaltsstoffe selbst aus und mischen sie am Ende auch selbst zusammen. „So entscheidet man selbst, welche Wirkstoffe man haben möchte“, sagt Klemm. In Zukunft sollen neben der Tagescreme auch noch weitere individualisierbare Produkte entstehen. Ein Fragebogen auf der Webseite des Münsteraner Start-ups hilft bei der Orientierung, welche Wirkstoffe am besten zu der Haut oder Hautproblemen passen.
Über die eigene Internetseite läuft aktuell auch ein Großteil der Verkäufe. Dazu kommen zwei lokale Läden, die die Herbsom-Produkte in die Regale genommen haben. Der Vertrieb muss aber in Zukunft noch mehr an Fahrt aufnehmen. Die Herausforderung für das junge Start-up: Wie gelingt es, unter den vielen verschiedenen Marken aufzufallen? Daher arbeitet das Start-up an der eigenen Marke, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Kanäle wie Instagram sollen dabei helfen, als Naturkosmetik-Hersteller wahrgenommen zu werden.
Zudem arbeiten die beiden Gründerinnen, die aktuell von zwei Mitarbeiterinnen unterstützt werden, mit sogenannten Micro-Influencern zusammen: Das sind Social-Media-Persönlichkeiten, die sich häufig mit einem spitzen Themenprofil eine kleine, aber treue Fanbasis geschaffen haben. „Die haben noch eine sehr enge Bindung zu ihren Followern“, sagt Klemm. Und Herbsom experimentiert mit ungewöhnlichen Kanälen: Am 8. August lädt das Start-up zu einem „Live-Shopping-Event” ein. Dabei präsentieren Fesenmeyer und Klemm ihre Produkte in einem Videostream in den sozialen Netzwerken – dort können sie direkt von den Zuschauern mit einem Mausklick gekauft werden. Eine Art selbstgemachter Homeshopping-Kanal, bei dem auch andere Münsteraner Start-ups mit auftreten.
Die Gründerinnen finanzieren sich aktuell aus den laufenden Umsatzerlösen, eine Finanzierungsrunde mit privaten Investoren könnte aber in Zukunft beim Wachstum helfen. Profitiert hat das Herbsom-Team zudem von mehreren Unterstützungsangeboten. So waren Fesenmeyer und Klemm in einem Accelerator-Programm des „Reach Euregio Start-up-Centers“, das von der Universität Münster ins Leben gerufen wurde. In einer frühen Phase erhielten die beiden Marketing-Spezialistinnen zudem das Gründerstipendium des NRW-Wirtschaftsministeriums, das für ein Jahr die Lebenshaltungskosten deckte. „Das hat uns einen wichtigen Schub gegeben“, erinnert sich Fesenmeyer, „wenn wir die Finanzierung haben, dann müssen wir auch an die Umsetzung gehen.“