Code Intelligence Bonner Start-up will Software sicherer machen
Bonn · „Fuzzing“ nennt sich die Technologie, mit der das Start-up Code Intelligence Software testet. Eingesetzt wird diese Technik bislang überwiegend bei den großen US-Tech-Konzernen. Dabei mangelt es nicht an Fachwissen an deutschen Forschungseinrichtungen.
Bei Sergej Dechand hat alles mit einem Film angefangen: Hackers. In dem 1995 veröffentlichten Streifen geht es um ein paar junge Computer-Freaks, die sich mit dem amerikanischen Secret Service und einem Kriminellen anlegen. „Nachdem ich den Film gesehen habe, habe ich erstmal selber im Internet geschaut, was so alles möglich ist“, sagt Dechand und lacht.
2007 begann er ein Informatik-Studium in Braunschweig und wechselte später gemeinsam mit seinem Professor nach Bonn, und aus dem Student-Professor-Verhältnis wurde irgendwann eine Geschäftsbeziehung. Denn gemeinsam mit dem Wissenschaftler Matthew Smith und zwei weiteren Doktoranden hat Dechand in Bonn im Jahr 2017 das Start-up Code Intelligence gegründet.
Das Start-up entwickelt Lösungen, mit denen Software automatisch schon während der Entwicklung getestet werden kann. Dadurch können viele triviale Fehler schon frühzeitig erkannt werden. Fuzzing nennt sich diese Art des Testens, bei der Software immer wieder mit Zufallsdaten konfrontiert wird. Das Programm von Code Intelligence sei wie eine Rechtschreibprüfung – nur dass parallel auch Grammatik und Stil getestet würden.
“Das Problem ist, dass das Thema IT-Sicherheit hierzulande erst angegangen wird, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“, sagt Dechand: „Dabei würden mehr als die Hälfte der Cyberangriffe ins Leere laufen, wenn durch besseres Testing Softwarelücken behoben würden, bevor sie in der Produktion gefunden werden.“ Der Informatiker verweist gerne auch die US-Technologiekonzerne Microsoft oder Google, die ihre Software permanenten Tests unterziehen würden und so immer wieder Fehler entdecken und frühzeitig beheben können. „Google oder Microsoft liefern meistens deutlich sicherere und stabilere Software aus“, sagt Dechand.
Dabei sei es nicht mal so, dass es in Europa weniger Expertise gebe. „Wir haben in unseren Forschungsprojekten bei Fraunhofer FKIE und der Uni Bonn Technologien eingesetzt, die kritische Sicherheitslücken aufgedeckt haben – die werden aber in der freien Wirtschaft fast ausschließlich von den großen US-Tech-Konzernen eingesetzt“, sagt Dechand mit Blick auf seine Arbeit für das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE). Doch Dechand merkt, dass sich aktuell etwas verändert in der Wirtschaft; dass einerseits die Sensibilität langsam zunimmt, andererseits aber auch die Bereitschaft, mit Start-ups wie Code Intelligence zu kooperieren. Die Bonner arbeiten inzwischen beispielsweise für den Dax-Konzern Deutsche Telekom oder den Autozulieferer Bosch. „Die Telekom und Bosch haben den ersten Prototypen von uns ausprobiert“, sagt Dechand.
Die Nähe zu solchen Unternehmen, aber auch der Universität, an der sein Ex-Professor Smith lehrt, macht Bonn für Dechand zu einem idealen Standort – zumal man dort mit dem Hightech-Gründerfonds (HTGF) auch einen wichtigen Investor gefunden hat. Der HTGF ist 2018 im Rahmen einer Seed-Runde zusammen mit dem Digital Hub Bonn bei Code Intelligence eingestiegen und hält inzwischen rund 15 Prozent am Unternehmen.
Doch das Start-up profitierte nicht nur vom Kapital, sondern auch dem Netzwerk des HTGF, wie der Risikokapitalgeber kurz und knapp genannt wird. So kam der Kontakt zu Bosch über den Investor zustande, inzwischen arbeitet Code Intelligence an mehreren Projekten in der Automobil-Industrie.
Im Sommer bekam das Start-up von Investoren weitere zwei Millionen Euro. Angeführt wurde die Finanzierungsrunde dabei von LBBW Venture Capital, das inzwischen knapp 13 Prozent am Unternehmen hält. Die vier Gründer, neben Dechand und Smith sind das Henning Perl und Khaled Yakdan, halten noch mehr als 50 Prozent an Code Intelligence. Doch Sergej Dechand blickt bereits in die Zukunft. Mit der nächsten Finanzierungsrunde, sagt der Geschäftsführer, wolle man den Start in den USA finanzieren: „Der europäische Markt ist groß genug, um ein Milliarden-Unternehmen aufzubauen, aber wir wollen uns weltweit etablieren.“
Welche Möglichkeiten es dann gibt, zeigte zuletzt das Beispiel des Start-ups Instana aus Solingen. Mit der Technologie von Instana können Unternehmen ihre Systeme überwachen, dem IT-Riesen IBM war diese Technologie nur fünf Jahre nach der Gründung mehrere hundert Millionen Dollar wert.