Aktionäre entscheiden über Solarworld-Zukunft Solar: Eine ganze Branche kämpft ums Überleben

Bonn · Es geht um die Zukunft des größten deutschen Solarmodulherstellers Solarworld. Am heutigen Mittwoch entscheiden die Aktionäre in Bonn über den Rettungsplan für das angeschlagene Unternehmen. Der Firmenchef gibt sich zwar optimistisch mit Hinblick auf die Zukunft. Doch die wirtschaftliche Lage des Konzerns ist beispielhaft für eine ganze Branche.

Frank Asbeck - der Sonnenkönig von Bonn
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"Wir sind wettbewerbsfähig, und das müssen wir ausbauen", sagte Konzernchef Frank Asbeck auf der außerordentlichen Hauptversammlung von Solarworld in Bonn. "Wir haben Prämienprodukte, und damit werden wir auch Marktanteile holen", fügte er hinzu. Asbeck wirbt für die Zukunft seines Unternehmens und auch seiner Mitarbeiter. Viel mehr kann er nicht mehr tun. Wenn die Aktionäre dem Rettungsplan, der massive Einschnitte für sie vorsieht, nicht zustimmen, bleibt Solarworld wohl nur der Gang zum Insolvenzgericht.

Ob die Rettung nun kommt oder nicht, nach Expertenmeinung dürfte es Solarworld trotzdem schwerfallen, sich im umkämpften Markt zu behaupten. Allein 2012 betrug der Verlust knapp 480 Millionen Euro. Das Unternehmen hat einerseits mit Förderungskürzungen vonseiten der Politik zu kämpfen, andererseits mit scharfer Konkurrenz aus Fernost. Und damit steht Solarworld nicht allein da, denn die gesamte Branche kämpft ums Überleben. Und Solarworld ist nicht das erste Unternehmen, das in den vergangenen Jahren in schwierige Fahrwasser gekommen ist.

Insolvenzen von Q-Cells bis Conergy

Nach dem Boom vor einigen Jahren ging es Ende 2011 dem ersten Unternehmen an den Kragen. Das Berliner Solarunternehmen Solo war pleite, wurde wenige Monate später von einem indisch-arabischen Hersteller übernommen. Es sollte nicht das einzige Unternehmen bleiben, dem es so erging. Solar Millennium aus Erlangen, der einst weltgrößte Solarzellenhersteller Q-Cells aus Bitterfeld und zuletzt das Hamburger Unternehmen Conergy mussten in den vergangenen Jahren Insolvenz anmelden. Daneben gaben große Firmen wie Bosch oder Siemens bekannt, dass sie ihre Solar-Sparte schließen.

Denn die Nachfrage ist zuletzt auch auf dem Heimatmarkt immer mehr eingebrochen. Bis Jahresmitte 2013 wurden nach Daten der Bundesnetzagentur nur noch Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 1800 Megawatt installiert. Das sind gerade einmal so viel wie allein im Juni 2012. Und nach einer Studie hinterließ die Krise am Markt auch schon Spuren auf dem Arbeitsmarkt.

Wie die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung in Osnabrück Ende Juli darlegte, sei die Zahl der Beschäftigten im Bereich der erneuerbaren Energien 2012 bundesweit auf 368.400 zurückgegangen, mehr als 30.000 Beschäftigte. Stellenabbau bei Solarfirmen hätten vor allem dem mittleren Teil Ostdeutschlands, Bayern und Baden-Württemberg zu schaffen gemacht. Dabei galt die Solarbranche einst vor allem für den Osten Deutschlands als die große Hoffnung.

"Masse statt Klasse gefördert"

Hier hatten sich besonders viele Firmen angesiedelt, Milliarden in neue Produktionsstätten gesteckt. Viele Arbeitsplätze entstanden, auch in Regionen, die eigentlich von Abwanderung betroffen waren. Die Krise der Branche trifft solche Regionen natürlich besonders hart. Doch nachdem die Bundesregierung im vergangenen Jahr drastische Förderkürzungen durchgesetzt hatte sowie durch die Konkurrenz asiatischer Hersteller und dem damit einhergehenden Preisdruck sieht mancher Experte die Lage der Branche nun als eine logische Folge.

"Der Kardinalfehler war, dass wir Masse statt Klasse gefördert haben", zitierte etwa die "Mitteldeutsche Zeitung" kürzlich Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Und Peter Frey, Geschäftsführer der Branchenvereinigung Solarvalley für Mitteldeutschland, sprach in der Zeitung von Marktbereinigung. Kaum ein Unternehmen habe in den vergangenen zwei Jahren Gewinn gemacht, so Frey. "Die Produktion nach bisherigem Muster steckt in einer existenziellen Krise."

Dass ein Umdenken stattfinden muss, das haben wohl auch die Hersteller inzwischen erkannt. Zumal die Einigung der EU mit China im Streit um Antidumpingzölle zunächst beigelegt ist, viele Hersteller aber den ausgemachten Mindestpreis als zu niedrig einschätzen. Für Solarworld selbst spielt das jetzt aber erst einmal eine untergeordnete Rolle. Für sie geht es heute erst einmal um die Entscheidung, überhaupt weitermachen zu können.

mit Agenturmaterial

(das)
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