Tarifkonflikt bei der Bahn So wahrscheinlich sind neue Streiks bei der Deutschen Bahn

Berlin · Im Tarifkonflikt bei der Bahn stehen die Zeichen auf Eskalation. Die Arbeitgeber wollen vorerst nicht weiter verhandeln, die Gewerkschaft EVG plant deshalb neue Warnstreiks. Worauf müssen sich Fahrgäste nun einstellen?

Verspätung wegen Bahnstreik: Das sind Ihre Rechte
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Foto: dpa, rwe htf

Im Tarifstreit der Deutschen Bahn verhärten sich die Fronten - für Fahrgäste bedeutet das baldige neue Einschränkungen. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Deutsche Bahn AG hier eine Strategie fährt, die für uns heißt: friss oder Streik“, sagte der Verhandlungsführer der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Kristian Loroch, am Mittwoch in Berlin. Wo die Verhandlungen stehen und was auf Bahnreisende zukommt:

Wann wird gestreikt?

Bis einschließlich kommendes Wochenende müssen sich Fahrgäste zunächst keine Gedanken machen. Warnstreiks sind bis dahin nahezu ausgeschlossen. Zum einen, weil sich die EVG erst in ihren Gremien, etwa der Tarifkommission oder dem Parteivorstand, abstimmen will. „Das braucht einigen Vorlauf“, sagte Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Mittwoch. Zum anderen ist am kommenden Samstag der 25. Jahrestag des ICE-Unglücks von Eschede. „Da ist es wichtig für die Kolleginnen und Kollegen, dass wir keinesfalls an diesem Tag selber streiken werden und auch nicht an den An- und Abreisetagen zur Gedenkfeier am Freitag und am Sonntag“, sagte Loroch. Ab Montag sind Warnstreiks allerdings denkbar.

Kommt es zu unbefristeten Streiks?

Der nächste Arbeitskampf dürfte laut Ingenschay noch einmal ein Warnstreik werden. Gleichwohl schloss die Tarifvorständin eine spätere Urabstimmung über mögliche unbefristete Streiks nicht aus. „Das ist natürlich eine Option, die bei uns in der Organisation diskutiert wird“, sagte sie. „Wir haben dafür aber keinen Plan in der Tasche.“ Allerdings schreckt die EVG auch bei Warnstreiks nicht vor ungewöhnlich langen Zeiträumen zurück. Zuletzt hätte der Ausstand 50 Stunden andauern sollen. Unter Vermittlung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main schloss die Gewerkschaft allerdings einen Vergleich mit der Deutschen Bahn zu einem der Knackpunkte und sagte den geplanten Warnstreik kurzfristig ab.

Wo stehen die Verhandlungen?

Seither standen die Zeichen zwischen den Tarifparteien eigentlich auf Annäherung. Drei Tage lang verhandelten die Bahn und die EVG vergangene Woche in Fulda. Die Gespräche bezeichneten beide Seiten als konstruktiv. Anschließend legte die Bahn ein neues Angebot vor und räumte der Gewerkschaft bis einschließlich Dienstag Zeit für eine Reaktion ein. Dabei kam der Konzern der EVG in manchen Punkten wie etwa der Laufzeit weiter entgegen. Doch eine Kernforderung - die EVG fordert einen Sockelbetrag für die Beschäftigten von mindestens 650 Euro mehr pro Monat - erfüllte die Bahn in dem Angebotspapier nicht. Die Arbeitnehmer lehnten am Dienstag ab und forderten weitere Verhandlungen.

Dem erteilte die Bahn am Mittwoch eine Absage: „Das ist im Moment sinnlos, weil die EVG sich keinen Millimeter bewegt“, kritisierte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler in der Nacht zu Mittwoch. „Die Gewerkschaft zeigt kein Entgegenkommen und macht keine Lösungsvorschläge. Sie beharrt einfach stur auf ihren Ausgangsforderungen.“ Loroch und Ingenschay pochen hingegen auf die eigene Kompromissbereitschaft und weisen die Darstellung des Konzerns zurück. Die Fronten haben sich also wieder deutlich verhärtet.

Was ist mit der GDL?

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) konkurriert mit der EVG im Bahnkonzern um Mitglieder. Sie gelten als verfeindet. Die deutlich kleinere GDL unter ihrem Chef Claus Weselsky vertritt vor allem die Interessen der Lokführerinnen und Lokführer bei der Bahn. Weselsky ist für ein hartes Auftreten in Tarifkonflikten und häufige Warnstreiks bekannt. Doch noch ist es einige Monate hin, bis die Friedenspflicht für die GDL zum November ausläuft und auch dort über einen neuen Tarifvertrag verhandelt wird.

Eine S-Bahn steht im Hauptbahnhof in Köln.

Eine S-Bahn steht im Hauptbahnhof in Köln.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Allerdings will die GDL am Montag ihre Forderungen für die anstehenden Gespräche formulieren. Gut möglich, dass die EVG die Ansage der Konkurrenz vor einem eigenen Abschluss noch abwarten will, auch wenn die Verantwortlichen das zurückweisen. „Wir lassen uns nicht davon beeindrucken, wenn jemand jetzt andere Forderungen aufstellt“, sagte Ingenschay am Mittwoch. „Unsere Forderungen sind die, die unsere Kolleginnen und Kollegen jetzt brauchen.“

(zim/PS/dpa)
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