Früherer WestLB-Chef Sengera wegen Untreue auf der Anklagebank

Düsseldorf · Ex-WestLB-Chef Jürgen Sengera muss sich von Mittwoch an wegen schwerer Untreue vor Gericht verantworten. In dem Prozess vor dem Landgericht Düsseldorf geht es um die spektakuläre Fehlinvestition der Landesbank beim britischen Fernsehverleiher Boxclever vom Dezember 1999.

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Foto: AP

Sengera soll als WestLB-Vorstand für Spezialfinanzierung der Boxclever-Gruppe ohne ausreichende Risikoprüfung einen Kredit über 1,35 Milliarden Euro bewilligt haben, der mit der Insolvenz von Boxclever platzte. Dadurch entstand der WestLB laut Anklage ein Schaden von mindestens 427 Millionen Euro.

Das Boxclever-Geschäft trug zu den Milliardenverlusten bei, die die WestLB in den vergangenen Jahren in eine schwere Schieflage brachten. Durch das von der damaligen Star-Bankerin Robin Saunders eingefädelte Darlehen sollte die Fusion zweier britischer Vermieter von Fernseh- und Haushaltsgeräten finanziert werden. Laut Anklage soll Sengera bei der Kreditvergabe eine von der WestLB-Abteilung "Zentrales Kreditmanagement" geforderte Risikoeingrenzung nicht umgesetzt haben. Der 2001 zum WestLB-Chef avancierte Sengera trat Mitte 2003 zurück, nachdem die Bankenaufsicht Bafin im Zusammenhang mit dem Boxclever-Geschäft Zweifel an fachlicher Eignung und Zuverlässigkeit der zuständigen Vorstände geäußert hatte.

Die Londoner Investmentbankerin Saunders, die 1998 von der Deutschen Bank zur WestLB gekommen war, musste die Düsseldorfer Bank Ende 2003 wegen der Boxclever-Affäre verlassen. Im Prozess gegen Sengera ist Saunders für den 28. Februar in den Zeugenstand geladen, als ausländische Zeugin könnte sie allerdings auch in London vernommen oder per Videokonferenz dem Düsseldorfer Verfahren zugeschaltet werden. Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Ermittlungen gegen Saunders wegen Beihilfe zur Untreue gegen Zahlung einer Geldauflage von einer Million Euro eingestellt.

Für das Verfahren gegen den 64-jährigen Sengera hat die 14. große Wirtschaftsstrafkammer des Düsseldorfer Gerichts 39 Verhandlungstage bis zum 19. Juni anberaumt. Für den 18. Januar sind die ersten Zeugenvernehmungen in dem Verfahren vorgesehen, das von Richterin Brigitte Koppenhöfer geleitet wird. Koppenhöfer war auch Vorsitzende Richterin in der ersten Auflage des Mannesmann-Prozesses, die mit Freisprüchen für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und seine Mitangeklagten endete. Zu den Anwälten Sengeras zählt Eberhard Kempf, der Ackermann im Mannesmann-Verfahren verteidigt hatte.

(afp/rpo)
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