Debatte um Frauenquote "Schröder Konzernen auf den Leim gegangen"

Düsseldorf (RP). In den 30 deutschen Dax-Unternehmen sitzen 15 Prozent Frauen in Aufsichtsräten und 3,7 Prozent in den Vorständen. Arbeitsministerin von der Leyen findet das "unterirdisch" und kartet noch tags darauf nach.

Frauenquote in Chefetagen - So weit hinkt Deutschland hinterher
Infos

Frauenquote in Chefetagen - So weit hinkt Deutschland hinterher

Infos
Foto: dpa

Frauenministerin Schröder setzt darauf, dass die Unternehmen freiwillig mehr Frauen auf Chefsessel befördern. SPD-Politikerin Nahles zweifelt an der Aufrichtigkeit der Konzerne.

Die Vertreter der 30 deutschen Dax-Unternehmen waren am Montag offensichtlich darum bemüht, den Eindruck zu erwecken, dass sie es ernst damit meinen, den Frauen mehr Macht zu geben. "Unternehmen profitieren davon, wenn mehr Frauen an ihrer Führung beteiligt sind — davon sind wir fest überzeugt", sagte BMW-Personalvorstand Harald Krüger. Man werde sich Jahr für Jahr öffentlich daran messen lassen, was die Unternehmen tatsächlich erreicht hätten.

Eine feste Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte, wie sie Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sowie SPD und Grüne fordern, lehnen die Unternehmen dagegen ab. Über das Ziel, dass der Frauenanteil nicht nur in Vorständen und Aufsichtsräten, sondern auch in anderen Führungspositionen erhöht werden muss, herrscht Einigkeit zwischen Politik und Wirtschaft — schon seit mehr als zehn Jahren. 2001 gab es unter der rot-grünen Bundesregierung die erste freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen für eine Erhöhung des Frauenanteils in den Chefetagen. Seitdem hat sich aber kaum etwas bewegt.

Erstmals gibt es Zahlen

Nun haben die Unternehmen erstmals Zahlen vorgelegt, welchen Anteil von Frauen in Führungspositionen sie in den kommenden vier Jahren erreichen wollen. Ihre Angaben schwanken dabei zwischen zwölf und 35 Prozent bis zum Jahr 2015. Unklar bleibt allerdings, was überhaupt als Führungsposition gilt. Einige Unternehmen formulieren ihre Quotenziele auch nur für das weltweite Geschäft.

Beispiele: Beim Chemie-Riesen Bayer arbeiten nach Angaben des Unternehmens derzeit 30 Prozent Frauen. Der Frauenanteil an Führungspositionen liegt bei 17 Prozent und soll Ende 2015 weltweit 30 Prozent betragen.

Der Versicherungskonzern Allianz gibt seinen Frauenanteil im Unternehmen mit 46 Prozent an. Der Anteil weiblicher Chefs liegt bei knapp 25 Prozent, bis Ende 2015 soll er deutschlandweit auf 30 Prozent steigen.

Nicht über Nacht

Der Düsseldorfer Konzern Henkel hat als einziges der 30 Dax-Unternehmen keine konkrete Frauenquote als Zielmarke genannt. Doch nachdem in den vergangenen Jahren der Frauenanteil in der Führung jedes Jahr um einen Prozentpunkt auf nun 30 Prozent gestiegen ist, soll er ab jetzt jedes Jahr um bis zu zwei Prozentpunkte klettern. Henkel kann sich bereits als Vorreiter sehen: Die einzige Aufsichtsratschefin eines Dax-Konzerns ist Simone Bagel-Trah bei Henkel. Mit 30 Prozent Frauenquote im Management ist das Unternehmen schon relativ weit.

Der Vorsitzende der deutschen Regierungskommission für einen Kodex zur guten Unternehmensführung, Klaus-Peter Müller, warnt vor überzogenen Erwartungen an einen Frauenboom in den Chefetagen. Bei fünfjährigen Wahlperioden der Aufsichtsräte sei klar, dass die Besetzung der Positionen mit Frauen nicht über Nacht geschehen könne. Müller sagte: "Die nächste große Welle von turnusmäßigen Neuwahlen zum Aufsichtsrat steht im Frühjahr 2013 an. Hier werden wir größere Veränderungen sehen."

"Eingriff in Eigentumsrecht"

Innerhalb des Regierungslagers gibt es ein Tauziehen um eine gesetzliche Regelung. Während Teile der Unionsfraktion und hinter vorgehaltener Hand auch einzelne FDP-Frauen sich für eine Quote aussprechen, sind der Wirtschaftsflügel der Union und die übergroße Mehrheit der FDP dagegen. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs (CDU), sagte unserer Redaktion: "Eine Quote wäre ein Eingriff in das Eigentumsrecht. Das ist verfassungsrechtlich sehr bedenklich."

Noch am Dienstag, einen Tag nach der Bekanntgabe, kartet Arbeitsministerin von der Leyen nach. Sie glaube nicht, dass die Selbstverpflichtung der Dax-Konzerne zur Anhebung des Frauenanteils in Führungspositionen mehr Frauen in Vorstände und Aufsichtsräte bringen wird. Sie sei skeptisch, dass diese neue Selbstverpflichtung, die sich wieder nur auf die unteren Führungsebenen beziehe, wirklich etwas in diesen Gremien verändere, sagte von der Leyen im Deutschlandfunk.

Sozialdemokraten und Grüne, die zu ihrer Regierungszeit auf eine gesetzliche Regelung verzichtet haben, drängen nun umso mehr auf die Quote. "Frau Schröder ist den Konzernen auf den Leim gegangen", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Die Frauenministerin knicke schon bei vagen Ankündigungen und Versprechen der Unternehmen ein, statt für eine ordentliche Frauenquote zu kämpfen. Nahles betonte: "Wir brauchen in Deutschland dringend eine gesetzliche Regelung zur Quote, sonst wird die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Spitzenpositionen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben." Das schade nicht nur den Frauen, sondern vor allem auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort