Zur Corona-Finanzierung Olaf Scholz will höhere Steuer für Reiche - Experten warnen

Düsseldorf · Angesichts der Milliardenlasten soll der Spitzensteuersatz steigen, fordert der Bundesfinanzminister. Schon 2017 hatte die SPD 45 Prozent gefordert. Die Linkspartei begrüßt das. Ökonomen wie Michael Hüther und Achim Wambach warnen vor Folgen für die Wirtschaft.

 Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

Foto: dpa/Wolfgang Borrs

Die Bewältigung der Corona-Krise wird den Staat Milliarden kosten. Mit Blick darauf fordert Bundesfinanzminister Olaf Scholz nun, die Steuern für Reiche zu erhöhen. Die Bürger, die „sehr, sehr viel verdienen, sollten einen etwas höheren Beitrag leisten“, sagte der SPD-Politiker dem „Tagesspiegel“. „Das bleibt unser Ziel, und das wird ganz sicher auch in unserem nächsten Wahlprogramm stehen.“ Scholz  verwies auf das Wahlprogramm seine Partei von 2017, wonach Spitzensteuersatz und Reichensteuer steigen sollen.

In ihrem Programm  hatte die SPD zwar eine Verschiebung der Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz  gefordert, zugleich aber auch dessen Anhebung von 42 Prozent auf 45 Prozent. Dieser neue Satz soll ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 76.200 Euro (Ehepaar: 152.400 Euro) fällig werden. Zugleich soll der Reichensteuersatz von 45 auf 48 Prozent steigen. „Wir möchten die Reichensteuer in Höhe von drei Prozent auf den Spitzensteuersatz zukünftig ab einem zu versteuernden Einkommen für Ledige von 250.000 Euro erheben“, hieß es dort. Derzeit wird die Reichensteuer ab 265.327 Euro fällig. Als drittes Element will die SPD die Abgeltungssteuer abschaffen.

Die Reaktionen auf Scholz’ Vorstoß fielen erwartungsgemäß gemischt aus: Der Vizechef der Linksfraktion im Bundestag, Fabio De Masi, begrüßte eine Mehrbelastung der Reichen. „Wir brauchen sowohl eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen als auch eine Vermögensabgabe für Multimillionäre und Milliardäre.“

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, warnt dagegen: „Es ist nicht die Zeit, Steuererhöhungs-Erwartungen zu schüren. Dies würde auch das Investieren belasten, das in der Krise schon dramatisch geschwächt wird.“ Zugleich sagte er unserer Redaktion: „Grundsätzlich hat Deutschland ein wie gewünscht effektiv umverteilendes Steuer- und Transfersystem von oben nach unten.“ Die obersten 25 Prozent der Steuerpflichtigen trügen rund 75 Prozent des Einkommensteueraufkommens. Dagegen tragen die unteren 50 Prozent zusammen nicht einmal fünf Prozent der Steuerlast, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes von 2018 hervorgeht. „Völlig unerheblich sind jetzt auch Parteiprogramme aus einer anderen Zeit“, sagte der IW-Chef. „Wenn es um steuersystematische Argumente geht, dann gibt es Dringenderes, wie die Negativsteuer für Unternehmen als verlässliche Verlustbeteiligung.“ Damit könnten Unternehmen ihre Steuerlast für 2019 rückwirkend senken und so Liquidität sichern.

Achim Wambach, Chef des Institutes ZEW und der  Monopolkommission, sagte: „Es ist nicht falsch, daran zu erinnern, dass der zu erwartende hohe Schuldenstand nach der Krise angegangen werden muss. Jetzt geht es aber erstmal darum, die Wirtschaft wieder ans Laufen zu bringen. Je besser dies gelingt, desto geringer wird der Bedarf für Konsolidierungsmaßnahmen sein.“

Die Bundesregierung will zur Finanzierung der diversen Hilfen für Unternehmen, Selbstständige, Krankenhäuser und Arbeitnehmer 156 Milliarden Euro neuer Schulden aufnehmen. Die Folgen für die Sozialkassen sind noch nicht abzusehen. SPD-Parteichefin Saskia Esken hatte bereits im April eine einmalige Vermögensabgabe für Reiche zur Finanzierung der Corona-Lasten gefordert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort