Interview mit dem Unitymedia-Chef "Schnellere Netze fürs Internet"

Düsseldorf · Das Bundeskartellamt hat grünes Licht für den Zusammenschluss von Unitymedia und Kabel Baden-Württemberg gegeben. Damit kommen zwei der drei marktbeherrschenden regionalen Anbieter unter ein gemeinsames Dach. Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagte am Donnerstag, die Wettbewerbsbehörde erhoffe sich trotz des unübersehbaren Konzentrationsprozesses eine Verstärkung des Wettbewerbs. Lutz Schüler, Chef von Unitymedia, sprach bereits Anfang Dezember mit unserer Redaktion über seine Strategie.

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Foto: AFP

Herr Schüler, kein Unternehmen fand im vergangenen Quartal mehr neue Kunden für das schnelle Internet wie Unitymedia mit 70 000 neuen Verträgen. Gestern meldeten Sie insgesamt eine Million Kunden für das Internet. Warum wollen Sie dann nun auch noch Kabel BW aus Baden-Württemberg übernehmen?

Schüler Nicht wir, sondern unser Mutterkonzern Liberty Global aus USA hat einen Vertrag zum Erwerb von Kablel BW abgeschlossen. Es geht darum, das Angebot für die Kunden zu verbessern, indem wir gemeinsam attraktivere Programmpakete schnüren und Produktideen vorantreiben. Und wir können die Kosten senken, indem wir zusammenarbeiten.

Damit das Kartellamt den Zukauf von Kabel BW nicht verbietet, haben Sie angeboten, die Verschlüsselung Ihres digitalen Programmes abzuschaffen. Was bringt das dem Kunden?

Schüler Ohne Verschlüsselung ist die Nutzung digitaler Programme einfacher. Die Kunden brauchen nur noch ihren auf Digital-TV vorbereiteten Fernseher an die Buchse anzuschließen, ein Decoder ist nicht mehr nötig. Dies sorgt indirekt für eine Marktöffnung.

Was meinen Sie damit?

Schüler Nutzer von Digital-TV über eine Wohnungsgesellschaft mussten bisher gegenüber dem analogen Anschluss einen Aufschlag von 2,90 bis 3,90 Euro zahlen. Dieser Zuschlag würde entfallen. Mehr Kunden als die jetzigen nur 38 Prozent werden also künftig digitales TV nutzen, wodurch mehr Kunden alle digital eingespeisten bis zu 75 Programme erhalten. Im analogen TV erhalten sie nur circa 34 Kanäle. Für kleinere TV-Sender ist die Verbreiterung der Abspielbasis jedenfalls eine große Chance.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Verkauf von Digital-TV und der Verbreitung von schnellem Web?

Schüler Die Kabelnetze helfen Deutschland, den Rückstand bei schnellen Online-Anschlüssen aufzuholen. Während die Politik seit Jahren diskutiert, dass wir schnellere Webzugänge brauchen, schaffen wir Fakten: Die Kabel-Netze können ein Tempo von weit über 100 Megabit pro Sekunde schaffen.

Werden Unitymedia und Kabel BW unter einer Marke auftreten?

Schüler Um gegen bundesweite Angebote der Telefonfirmen anzutreten, werden wir uns sicherlich annähern. Wir würden beide die Plattform "Horizon" von Liberty übernehmen. Dann integrieren wir wunschgemäß TV, Internet und eigene Inhalte der Kunden wie Bilder.

Vodafone will DSL und Kabel-Netze durch die neue Funktechnik LTE überflüssig machen. Sorgt Sie das?

Schüler Nein. Ich glaube aber eher, dass LTE unser TV-Angebot ergänzt als ersetzt: Die Übertragung von vielen TV-Kanälen für viele Kunden ist über Mobilfunk aus technischen Gründen auf absehbare Zeit schwer denkbar. Vodafone selber sieht ja in seiner Set-Top-Box für Vodafone-TV vor, dass das laufende Programm über Satellit oder DSL eingespeist wird — Kabel kann dies natürlich auch leisten — wogegen einzelne Filme und Internet-Angebote per LTE ins Haus kommen.

Apple und Google planen TV-Angebote. Ist das eine Gefahr für Sie?

Schüler Wir sehen das sehr gelassen. Die Vielzahl unserer Live-Kanäle ist sowieso nicht zu toppen. Bei Pay-TV haben wir ein exzellentes Angebot. Und die TV-Sender haben kein Interesse daran, dass andere aus ihrer Wertschöpfung ein völlig neues Produkt herstellen.

R.Kowalewsky führte das Gespräch.

(RP/felt)
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