Nach Stromausfällen RWE kommt nicht für Schäden auf
Hamburg (rpo). Nach den massiven Stromausfällen im Münsterland, die durch den überraschenden Wintereinbruch ausgelöst wurden, lehnt der RWE-Konzern weiterhin jede Verantwortung ab. Für Schäden der Stromkunden will das Unternehmen nicht aufkommen. Kritik an Investitionen und Wartung des Stromnetzes sei nicht angebracht.

Schneechaos in NRW
"Wir stecken jedes Jahr rund zwei Milliarden Euro in unsere deutschen Leitungen", sagte der Vorstandschef von RWE Energy, Berthold Bonekamp, der "Bild"-Zeitung vom Mittwoch. "Ansonsten hätte Deutschland ja auch nicht den Ruf, über das zuverlässigste Netz in Europa zu verfügen."
Zugleich bekräftigte der RWE-Manager, das Unternehmen werde nicht für Schäden der Stromkunden im Münsterland aufkommen. "Man kann nur Verantwortung für etwas übernehmen, was man auch selbst verursacht hat. Aber für die Wetterkatastrophe, die alles lahm gelegt hat, kann RWE nichts." Vielmehr habe es sich um "höhere Gewalt" gehandelt. Verbraucherorganisationen hatten zuletzt als Konsequenz aus dem Stromausfall strengere Haftungsregeln für Energieversorger gefordert.
Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) forderte unterdessen von RWE schnelle und detaillierte Informationen über den Stromausfall. Nach einem kurzfristig anberaumten Gespräch mit Bonekamp teilte Thoben in Düsseldorf mit, die Vorkommnisse sollten "sorgfältig und kritisch aufgearbeitet werden". Die Ministerin ersuchte das Unternehmen demnach um Auskunft über Art und Umfang der Investititonen in die Stromnetze während der vergangenen zehn Jahre. Außerdem soll RWE unter anderem Angaben zu Alter und Zustand der Strommasten im westlichen Münsterland machen.
Im Schadensfall Versicherungen prüfen
Der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Münster, Wieland Pieper, erklärte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP, rund 10.000 Unternehmen im westliche Münsterland seien von dem Stromausfall in Mitleidenschaft gezogen worden. Besonders betroffen seien Firmen in der Textil-, Kunststoff- und Maschinenbaubranche, die rund um die Uhr produzieren. Das Schadensausmaß falle in den einzelnen Unternehmen jedoch sehr unterschiedlich aus. Es reiche von täglichen Kosten für die Notstromversorgung von 250.000 Euro bei einem Kunststoffhersteller bis zu drei weggeworfenen Fleischspießen in einer Dönerbude. Nach Einschätzung von Pieper wird es noch einige Wochen dauern, bis man den Schaden für die Wirtschaft exakt beziffern kann.
Die Stiftung Warentest schätzt die Chancen auf Schadensersatz als recht gering ein. Weder der Stromversorger RWE noch die normale Hausratversicherung würden für die Schäden aufkommen, erklärte die Stiftung in Berlin. Stromversorger hafteten nur bei einem vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführten Stromausfall. RWE berufe sich aber auf höhere Gewalt.
Für einige Versicherte gibt es nach Angaben der Stiftung jedoch die Möglichkeit, einen Teil der Schäden ersetzt zu bekommen: Die Gefriergutklausel in einigen Hausratversicherungen zahle für verdorbene Tiefkühlkost. Von Schnee und Eis verursachte Schäden am Haus könnten unter bestimmten Bedingungen von der Elementarschadenversicherung oder der Wohngebäudeversicherung übernommen werden. Für Sachschäden an Elektronikgeräten komme die Elektronikversicherung auf. Wer sich im dunklem Haus verletzt habe, könne sich auf die private Unfallversicherung berufen.
In der Region waren nach starken Schneefällen am Freitag rund 50 Hochspannungsmasten unter den Schneelasten zusammengebrochen. Der Münsteraner Krisenstab berichtete am Mittwoch von einer weiteren Entspannung der Lage. Demnach mussten zwar zunächst noch rund 2000 Menschen weiter ohne Strom auskommen. Allerdings kämen die Arbeiten gut voran. Auch ein Sprecher von RWE Energy zeigte sich in Dortmund zuversichtlich, "dass der Strom am Mittwochabend wieder nahezu überall fließen wird". Ausgenommen seien möglicherweise einige wenige alleinstehende Gehöfte. Von dem Stromausfall nach dem Unwetter waren zeitweise mehr 250.000 Menschen betroffen.