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Essen RWE-Chef stellt Gegner kalt

Essen · Arndt Neuhaus ist der Liebling der Städte und sollte in den Vorstand. Doch weil er Peter Terium auch widersprach, muss er gehen. Hildegard Müller soll Netz-Vorstand werden. Führungskräfte fürchten, dass jeder vierte Manager gekippt wird.

RWE-Chef stellt Konkurrenten kalt
Foto: dpa

Die Krise des zweitgrößten deutschen Stromkonzerns kostet weitere Opfer. Nun will RWE-Chef Peter Terium einen Widersacher loswerden, der ihm zu selbstbewusst war und auch widersprochen hat: Arndt Neuhaus. Er ist seit 2011 Chef der wichtigen Tochter RWE Deutschland AG (19.000 Mitarbeiter). Sie kümmert sich um das gewinnträchtige Vertriebsgeschäft, das den RWE-Gewinn in den vergangenen Jahren gerettet hat. Doch nun soll Neuhaus gehen. Heute kommt der Aufsichtsrat der Deutschland AG zusammen, um die Personalie zu beschließen, wie unsere Redaktion aus Aufsichtsratskreisen erfuhr.

Künftig soll Martin Herrmann das Vertriebsgeschäft verantworten, der bislang für RWE Osteuropa zuständig war. Zugleich bekommt er die stark kriselnde britische Tochter npower noch dazu.

Für die Kommunen, die 25 Prozent an RWE halten, bedeutet das eine erneute Schlappe. Neuhaus war ihr Mann. Geboren in Oberhausen und groß geworden bei RWE, war er ein Energiemanager nach ihrem Geschmack. Als Chemiker und Betriebswirt brachte er eine wertvolle Doppel-Qualifikation mit. Schon vor Jahren, als der Aufsichtsrat einen Nachfolger für Jürgen Großmann suchte, war Neuhaus mit in der engen Auswahl, aus der dann Terium als RWE-Chef hervorging. Neuhaus galt als "Mister Konzessionsverträge", weil er viele der für RWE so wertvollen Lieferverträge mit Stadtwerken geschlossen hat.

Doch die einst so mächtigen Kommunen haben bei RWE inzwischen kaum noch etwas zu sagen. Sie mussten bereits zulassen, dass der Kommunen-freundliche Vorstand Rolf Martin Schmitz in der künftigen Neuorganisation keine Rolle mehr spielen wird. Sie mussten eine Aufspaltung in eine grüne und eine schwarze RWE zulassen, bei der sie auf den Problemgeschäften sitzenbleiben.

Schon vor Monaten waren die Kommunen, die immerhin vier der zehn kapitalseitigen Sitze im Aufsichtsrat halten, auch mit dem Versuch gescheitert, Werner Müller als neuen Chef des Kontrollgremiums durchzusetzen. Eine entsprechend schlecht vorbereitete Sitzung nutzte Noch-Aufsichtsratschef Manfred Schneider damals, um seinen Favoriten Werner Brandt als Nachfolger klarzumachen. Äußern wollte sich der Verband der kommunalen RWE-Aktionäre gestern ebenso wenig wie der Konzern.

Im März kommt der Aufsichtsrat der RWE AG zusammen. Dann werden die Kommunen auch eine kräftige Senkung der Dividende akzeptieren müssen. Statt ein Euro je Aktie wie für 2014 soll es für 2015 dann nur noch 60 Cent geben, wie es in Konzernkreisen heißt. Das bedeuten für alle Kommunen, dass ihnen statt 150 Millionen Euro nur 90 Millionen zufließen. Auf der Sitzung sollen auch Personalien festgezurrt werden. So soll Hildegard Müller, die vom Branchenverband zu RWE kommt, die Verantwortung für die Netze bekommen - und nicht, wie zunächst spekuliert wurde, für das strategisch attraktivere Ökostrom-Geschäft. Doch was aus Kraftwerks-Chef Matthias Hartung wird, ist noch offen. Seine Sparte kann nicht länger gegen den Fall der Großhandelspreise ansparen, viele Kraftwerke schreiben rote Zahlen. Wie überhaupt die Unsicherheit groß ist. Viele Führungskräfte fragen sich, wo sie künftig bleiben. Bereits im Oktober 2014 hatte es im Konzern geheißen, dass 25 Prozent der Führungskräfte gehen müssen, was RWE damals bestritten hatte. Diese Abbauzahl wird nun erneut gehandelt. Unter den 1500 Führungskräften des Konzerns wächst die Unruhe.

Terium, der Personalfragen gerne nach Gutsherrenart entscheide, wie Kritiker sagen, will RWE auftrennen: Die zukunftsträchtigen Teile erneuerbare Energien, Netze und Vertrieb sollen in ein neues Unternehmen (Newco) abgespalten und bis Ende des Jahres an die Börse gebracht werden. Die RWE AG behält die problematischen Geschäfte wie die Stromerzeugung aus Kohle, Gas, Atomkraft sowie den Energiehandel. An der Spitze einer Gesellschaft hätten die Städte gerne Neuhaus gesehen. Doch daraus wird nichts. Vorübergehend könne Terium beide Firmen führen, wird spekuliert - um sich auf Dauer ins grüne Zukunftsgeschäft zu verabschieden.

(anh)
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