Sieben Jahre Psychoterror 50-jähriger Stalker verfolgt Unternehmerin Marie-Christine Ostermann

Frankfurt am Main · Seit Jahren wird die Unternehmerin Marie-Christine Ostermann von einem Stalker belästigt und fordert härtere Gesetze und schärfere Strafen bei Stalking. Sie fühlt sich vom Rechtsstaat massiv allein gelassen.

 Marie-Christine Ostermann (l) bei einer Gala des Bundes Junger Unternehmen (Archivbild).

Marie-Christine Ostermann (l) bei einer Gala des Bundes Junger Unternehmen (Archivbild).

Foto: frei

Sie verstehe nicht, warum ihr Verfolger, "obwohl rechtskräftig verurteilt", nicht ins Gefängnis komme, sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Der Rechtsstaat muss Stalking-Opfer besser schützen, das muss sich ändern. Wenn Urteile nicht vollstreckt werden, ist das frustrierend."

Die heute 43-jährige Ostermann war von 2009 bis 2012 Vorsitzende der Jungen Unternehmer und trat auch in Talkshows auf - dort fiel sie ihrem Stalker erstmals auf. In diesem Frühjahr brachte sie ein Buch heraus, das es in die Bestsellerlisten schaffte. "Dadurch stehe ich wieder mehr in der Öffentlichkeit, für den Stalker bin ich damit Freiwild", sagte Ostermann der "FAS".

Sieben Jahre lebe sie nun mit dem Psychoterror, habe mehrfach E-Mail-Adresse und alle Telefonnummern gewechselt, aus Furcht vor dem Verfolger sei sie sogar umgezogen, berichtete sie der Zeitung. Der Stalker - ein Hartz IV-Empfänger, Ende 50, wohnhaft in Leipzig - lasse jedoch nicht ab. Bis heute schicke er Päckchen in die Zentrale des Lebensmittelgroßhändlers Rullko in Hamm, dem Familienunternehmen der Ostermanns. 2280 Mails habe Ostermann von ihm erhalten, dazu jede Menge Briefe, Postkarten und Pakete. "Seit sieben Jahren mache ich das mit, ohne dass mich jemand schützen kann. Ich hatte auf den Rechtsstaat gehofft und wurde massiv enttäuscht", sagte sie der Zeitung.

Ständige Anrufe, das Auflauern vor der Wohnung oder sogenanntes Cyber-Stalking: Für Betroffene ist all das oft „schrecklicher Psychoterror“, hatte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am 24. März 2021 im Bundestag betont. „Es müssen mehr Stalking-Fälle vor Gericht kommen und die Täter konsequent zur Verantwortung gezogen werden“, forderte die Sozialdemokratin. Eine entsprechende Gesetzesverschärfung beschloss das Kabinett damals in Berlin. Der Bundestag muss aber noch zustimmen.

Ein großes Problem bei der Verfolgung von Stalking sind nach Einschätzung der Ministerin bisher zu hohe Hürden beim Straftatbestand gewesen. Das soll geändert werden. So soll Verhalten als Stalking gelten, bei dem jemand „wiederholt“ belästigt wird. Bislang ist hier von „beharrlichem“ Stalking die Rede. Das Merkmal „schwerwiegend“ wurde mit „nicht unerheblich“ ersetzt. In der Vergangenheit musste „beharrliches“ Nachstellungsverhalten nachgewiesen werden, das geeignet sei, das Leben des Opfers „schwerwiegend“ zu beeinträchtigen. Laut einer im „Deutschen Ärzteblatt“ erschienen und vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim (ZI) durchgeführten Studie sind Frauen wesentlich häufiger als Männer von Stalking betroffen.

Stalking droht Betroffenen aber schon lange nicht mehr nur offline, wie Lambrecht betont. „Im Netz und über Apps werden Menschen immer wieder ausgeforscht und eingeschüchtert, falsche Identitäten vorgetäuscht und Betroffene diffamiert“, erklärte die Justizministerin. „Auch diese Taten stellen wir künftig ausdrücklich als digitales Stalking unter Strafe“, sagte die SPD-Politikerin.

Ein Beispiel: Stellen Täter ihren Opfern etwa mit einer Software nach, deren Zweck das digitale Ausspähen anderer Personen sei, soll ihnen nun eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren drohen.

(felt/AFP)
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