Neuer Job am Potsdamer Platz Seit 8.30 Uhr ist Ronald Pofalla Bahn-Lobbyist

Düsseldorf · Angela Merkels früherer Chef des Kanzleramtes startet in Berlin seine neue Aufgabe als "Generalbevollmächtigter für politische und internationale Beziehungen". Im Vorfeld gab es heftige Unruhen in der Niederrhein-CDU.

 Bei einem Ortstermin in Emmerich 2010 traf Bahnchef Rüdiger Grube (li.) auf den damaligen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla. Ab heute sind sie Kollegen.

Bei einem Ortstermin in Emmerich 2010 traf Bahnchef Rüdiger Grube (li.) auf den damaligen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla. Ab heute sind sie Kollegen.

Foto: Endermann, Andreas

Für Ronald Pofalla beginnt am Freitag um Punkt 8.30 Uhr ein neuer Lebensabschnitt: Der frühere enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird als neuer Cheflobbyist der Bahn AG sein Büro im Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin beziehen. Der "Generalbevollmächtigte für politische und internationale Beziehungen" (so die offizielle Bezeichnung) wird vor allem versuchen, die Interessen des bundeseigenen Unternehmens in Brüssel zu vertreten.

Zudem sollen ihm die Konzernbevollmächtigten der Bundesländer berichten, während er selbst unmittelbar Bahnchef Rüdiger Grube berichtet; beide soll ein freundschaftliches Verhältnis verbinden.

Als die RP im Dezember 2013 öffentlich machte, dass Pofalla politisch kürzertreten wolle, war die Aufregung vor allem in der Niederrhein-CDU riesengroß. Denn der frühere Kanzleramtsminister war erst wenige Monate zuvor zum sechsten Mal in Folge im Wahlkreis Kleve direkt in den Bundestag gewählt worden. Mehr als 50 Prozent der Stimmen hatte er erzielt - ein eindeutiger Vertrauensbeweis für den bekannten Unionspolitiker aus Weeze. Doch Pofalla stand nicht mehr für Merkels neues Kabinett zur Verfügung. "Familiäre Gründe" wurden genannt; es hieß, Pofalla wolle nach zwei gescheiterten Ehen mit der Anwältin Nina Hebisch eine Familie gründen. Pofalla selbst äußerte sich nicht zu seinen Plänen. Doch schon bald kursierten Spekulationen über seinen Wechsel zur Bahn.

Aggressive Stimmung in der Niederrhein-CDU

Während sich Pofalla weiterhin in Schweigen hüllte, wurde die Stimmung in der Niederrhein-CDU immer aggressiver; Parteimitglieder warfen ihm sogar Wahlbetrug vor. Wenn er sein Bundestagsmandat niederlegen würde, gebe es aus diesem Wahlkreis keinen CDU-Direktkandidaten mehr im Bundestag, kritisierten niederrheinische Unionskreise voll Verbitterung.

Zugleich entbrannte bundesweit ein Streit darüber, ob Politiker ohne Sperrzeit in die Wirtschaft wechseln dürfen. Im Falle Pofalla kam hinzu, dass es sich um ein staatliches Unternehmen handelt. Als Kanzleramtsminister war Pofalla nach offizieller Lesart "mit allen relevanten bahnpolitischen Themen befasst"; mit Bahnchef Grube traf er 30 Mal zusammen. Roch das nicht nach einer Interessenkollision? Wurden da beizeiten die Weichen für den beruflichen Wechsel des einflussreichen Merkel-Vertrauten gestellt? Die Debatte um den Wechsel hat immerhin bewirkt, dass Pofalla nicht sofort, sondern erst jetzt - nach einem Jahr Karenzzeit - den Wechsel vollzieht. Kurz vor Weihnachten war er bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), um ihm mitzuteilen, dass zum Jahresende sein Bundestagsmandat enden werde.

In die Tagespolitik will sich Pofalla erklärtermaßen nicht mehr einschalten - das hat er lange Zeit zur Genüge getan. Seine Karriere begann bei der CDU-Jugendorganisation Junge Union; er war Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Kleve und von 2000 bis 2014 Chef des Bezirksverbandes Niederrhein, dessen Ehrenvorsitzender er seit November ist.

Als Generalsekretär sei er "24 Stunden, sieben Tage lang" für seine Partei unterwegs gewesen, sagte er damals. Das Bundeskanzleramt war seine letzte, zeitlich nicht minder aufreibende politische Station (2009 bis 2013). In dieser Funktion leistete er sich manchen Fehltritt. Die wüste Beschimpfung des CDU-Innenpolitikers Wolfgang Bosbach gehört ebenso dazu wie seine vorschnelle Aussage, dass die Vorwürfe in der Affäre um den US-Spionagedienst NSA "vom Tisch" seien.

Er habe Angela Merkel sehr viel zu verdanken, sagte Pofalla im November 2014 bei seinem politischen Abschied vor der CDU-Niederrhein in Krefeld. Doch dieser Abschied war für ihn mit einer herben Niederlage verbunden: Pofalla wünschte sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe als Nachfolger für den Bezirksvorsitz. Eine Mehrheit der Delegierten entschied allerdings anders und wählte den Mönchengladbacher Günter Krings. Insider vermuten, dass Pofalla damit ein Denkzettel dafür verpasst werden sollte, dass er "seinen" Bezirk über berufliche Pläne im Unklaren gelassen hatte.

Spätestens 2017 soll Pofalla Vorstandsmitglied bei der Bahn werden und dann für die Bereiche Unternehmensführung, Datenschutz, Recht und Konzernsicherheit zuständig sein.

Die Bahn-Karriere des Ronald Pofalla hat gerade erst begonnen.

(RP)
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