Griechenland in der Schuldenkrise Rösler: Athen behält den Euro

Berlin (RP). Der Bundeswirtschaftsminister versuchte in Griechenland den Spagat zwischen Zuversicht und Ehrlichkeit. Demonstranten empfingen ihn in Athen. Der griechische Finanzminister nannte ihn immerhin einen "großen Freund". Kein Wunder, Deutschland trägt ein Viertel der Griechen-Hilfe.

 Wirtschaftsminister Philip Rösler ist zu Gast bei seinem griechischen Kollegen Evangelos Venizelos.

Wirtschaftsminister Philip Rösler ist zu Gast bei seinem griechischen Kollegen Evangelos Venizelos.

Foto: AFP, AFP

Philipp Rösler will dem massigen Mann neben ihm nicht zu nahe kommen. Er hält lieber einen Meter Abstand von Evangelos Venizelos, der jetzt vor die Mikrofone tritt und Rösler als "großen Freund" bezeichnet. Wie zum Gebet faltet Rösler die Hände, während der griechische Finanzminister seine Ansprache hält. Dann sagt Venizelos den Satz, der die Deutschen milde stimmen und den Griechen die nächsten Hilfszahlungen sichern soll. "Die Hilfen werden bis zum letzten Euro zurückbezahlt."

Der deutsche Wirtschaftsminister wird nicht glauben können, was Venizelos ihm so treuherzig in aller Öffentlichkeit versichert. Er weiß, dass Griechenlands Lage Zusagen wie diese nicht rechtfertigt. Es war der Vizekanzler und FDP-Vorsitzende, der vor wenigen Wochen als erstes deutsches Regierungsmitglied offen ausgesprochen hat, was laut ARD-Deutschlandtrend auch die Mehrheit der Deutschen denkt: Griechenland ist pleite, es wird seine Schulden nicht mehr abtragen können. Es braucht einen Schuldenerlass und ein geordnetes Insolvenzverfahren.

In Griechenland ist Rösler deshalb nicht besonders gelitten. Zwei Demonstranten vor dem Divani Apollon Pallace Hotel tragen Masken von Angela Merkel und Adolf Hitler, als Rösler dort gestern das deutsch-griechische Wirtschaftsforum eröffnet. "Er ist nicht gut angesehen", sagt Arthouros Zervos, der Chef eines Entsorgungsbetriebs. Jeder Grieche kenne den vietnamesisch-stämmigen FDP-Mann aus Deutschland, er habe ja mit seinem Insolvenz-Gerede tagelang die Schlagzeilen beherrscht.

Nun ist Rösler in die Höhle des Löwen gefahren. 56 Unternehmer hat er mit nach Athen genommen, sie sollen dort den Boden für Investitionen bereiten. Solarparks, mehr und edlerer Tourismus, eine Gaspipeline von Eon sind Stichworte, die Rösler dazu einfallen. Die Trans-Adria-Pipeline soll Gas aus Aserbaidschan via Griechenland nach Süd-Italien bringen, sie kostet Eon und seine Partner 1,5 Milliarden Euro. Griechenland soll eine Förderbank nach dem Muster der deutschen KfW aufbauen und hierzu 15 Milliarden Euro nutzen, die dem Land noch aus den EU-Strukturfonds zustehen, schlägt Rösler vor. Bundesnetzagentur und Kartellamt könnten für administrative Hilfe sorgen, wenn die von der EU geforderte Privatisierungswelle in Griechenland anrollt. Rösler unterzeichnet eine entsprechende Vereinbarung.

Schuldenkrise bleibt das beherrschende Thema

Doch die sich zuspitzende Schuldenkrise bleibt das alles überstrahlende Thema. Rösler will dem Thema, das ihn in Griechenland so unbeliebt gemacht hat, dann auch nicht ausweichen. "Sicher wollen Sie vom deutschen Wirtschaftsminister wissen, was meint er denn nun mit ,Resolvenz'?", ruft er mutig vor 450 griechischen Unternehmern. "Resolvenz" war Röslers freundliche Wortschöpfung zur Umschreibung der Pleite. Und ähnlich schwammig drückt er sich auch vor den Unternehmern in Athen aus: "Resolvenz" bedeute für ihn, dass alles getan werden müsse, um die Leistungsfähigkeit Griechenlands wieder herzustellen. Dass dazu auch die Insolvenz gehört, sagt er nicht. Nur, dass Deutschland Griechenland auf jeden Fall in der Euro-Zone behalten wolle, das sichert er den Griechen zu, die ihm dankbar applaudieren.

Beim 90minütigem Treffen mit Ministerpräsident Giorgios Papandreou spricht Rösler das Thema Insolvenz dann auch nicht nochmals an. Immerhin erreicht er von Papandreou die vage Zusage, dass sich die griechische Regierung bemühen will, ausstehende Rechnungen deutscher Firmen endlich zu bezahlen. Es soll um dreistellige Millionenbeträge gehen, auf die Firmen wie die Telekom, Siemens oder BASF seit Jahren warten.

(RP)
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