Verschärfung des Übernahmegesetzes Regierung will Hochtief beispringen

Berlin (RPO). Die Bundesregierung will nicht tatenlos zusehen, wenn immer mehr deutsche Firmen ins Visier ausländischer Investoren geraten. Deshalb prüft die Regierung nach Angaben aus Kreisen eine Verschärfung des Übernahmerechts. Damit würde die Koalition dem Baukonzern Hochtief beispringen, der die Politik im Abwehrkampf gegen den spanischen Baukonzern ACS zu Hilfe gerufen hatte.

Feindliche Übernahmen in Deutschland
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Foto: AP

Zwar stehe das aktuell gültige Wertpapierübernahmegesetz in Einklang mit der entsprechende EU-Richtlinie, sagte ein Regierungsvertreter am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Bundesregierung wird jedoch prüfen, ob und inwieweit im Lichte der aktuellen Ereignisse im Übernahmerecht weitere Pflichten eingeführt werden sollten." Dabei könne sich Deutschland auch an Regelungen orientieren, mit denen andere europäische Staaten Übernahmen heimischer Firmen erschwerten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte Kanzlerin Angela Merkel zuletzt aufgefordert, sich stärker für den größten deutschen Baukonzern einzusetzen. Ein Sprecher von Merkel bezeichnete Hochtief daraufhin am Freitag als ein wichtiges Unternehmen für die deutsche Bauindustrie. Regierung und Kanzleramt seien daran interessiert, dass die industriellen Strukturen von Hochtief und auch der Sitz in Essen blieben. Damit setzte sich Merkel von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle ab, der sich gegen eine staatliche Einmischung ausgesprochen hatte.

Hochtief-Chef im Kanzleramt

Hochtief-Vorstandschef Herbert Lütkestratkötter war bereits zweimal zu Gesprächen mit Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann im Kanzleramt, wie der "Spiegel" berichtete. Demnach erhält der Konzern auch Unterstützung vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB): Geschäftsführer Michael Knipper habe in einem Brief an das Wirtschaftsministerium auf eine rasche Änderung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes gedrängt.

Andere Länder hätten bereits "Schutzlücken" in ihren Gesetzen geschlossen - darunter auch Spanien. Deshalb müsse auch in Deutschland über die Einführung ähnlicher Vorschriften nachgedacht werden - etwa die, dass auch dann ein Pflichtangebot an Aktionäre abgegeben werden muss, wenn ein Unternehmen bereits mehr als 30 Prozent an einem anderen besitzt und seinen Anteil ausbauen will. Anders als in Großbritannien oder Frankreich ist dies in Deutschland bislang nicht erforderlich.

Konkurrent gegen staatliche Einmischung

ACS treibt seit Wochen eine Übernahme gegen den Widerstand der Hochtief-Führung voran. Die Offerte wollten die Spanier ursprünglich am Donnerstag abgeben. Die Finanzdienstaufsicht BaFin, die die Papiere überprüfen muss, verlängerte jedoch auf ACS-Antrag die Frist zur Einreichung des Angebots um vier Wochen. Die Spanier, die bereits knapp 30 Prozent an Hochtief halten, bieten acht eigene für fünf Hochtief-Aktien. Damit hat ACS ein Übernahmeangebot vorgelegt, das keine Prämie für die Hochtief-Aktionäre vorsieht und ihnen letztlich erlauben soll, über die Börse Hochtief-Aktien einzusammeln. Als Ziel hat ACS eine Beteiligung von rund 50 Prozent ausgegeben.

Hochtief-Rivale Bilfinger Berger sprach sich unterdessen gegen ein staatliches Eingreifen aus. "Eine politische Lösung wäre der falsche Weg, der Staat kann keinem Unternehmen eine Bestandsgarantie geben", sagte Bilfinger-Chef Herbert Bodner der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung." Auch die Organisation eines Konsortiums mit einer Sperrminorität zur Abwehr der ACS-Offerte sei nicht Aufgabe der Bundesregierung. Bodner erklärt aber, sein Konzern würde sich einer koordinierten Hilfe für Hochtief nicht von vornherein verschließen. Ein weißer Ritter zur Abwehr der ACS-Offerte sei Bilfinger aber nicht.

(RTR/ndi)
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