Stellwerk in Mainz zeitweise unbesetzt Regierung rügt Personalchaos bei Bahn

Berlin / Düsseldorf · Das Verkehrsministerium fordert mehr Stellwerk-Mitarbeiter, um Zugausfälle wie in Mainz zu verhindern.

Die Zugausfälle im Rhein-Main-Gebiet durch Personalmangel in Mainz haben Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auf den Plan gerufen. Er lud am Freitag zu einem Spitzengespräch mit Bahnchef Rüdiger Grube und Infrastruktur-Vorstand Volker Kefer. Zuvor hatte Ramsauers Staatssekretär Michael Odenwald einen Brandbrief an Kefer geschrieben, in dem er die stundenweise Abkoppelung des Mainzer Hauptbahnhofs vom Zugverkehr "nicht akzeptabel" nennt. Nach Angaben der Bahn sind von den 15 Mainzer Fahrdienstleitern vier erkrankt und drei im Urlaub, so dass das Stellwerk in Mainz zeitweise unbesetzt ist.

Der Staatssekretär fragt, ob es nicht möglich ist, Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückzuholen, und schreibt: "Ferner erwarte ich, dass künftig sichergestellt wird, dass auch in Urlaubszeiten ausreichend Personalreserven vorhanden sind." Um Engpässe zu vermeiden, empfiehlt Odenwald die Ausbildung von "Springern", die in verschiedenen Stellwerken einsetzbar sind.

Bundesnetzagentur und Eisenbahnbundesamt (EBA) haben gegen die Bahn Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen die Betriebspflicht eingeleitet. Die Entscheidung über Bußgelder soll am Montag fallen. Das EBA will wissen, wie die Bahn dafür sorgt, "dass der sichere Betrieb in Mainz unverzüglich wieder aufgenommen werden kann". Das Unternehmen hatte zuvor erklärt, dass von Montag an der Mainzer Hauptbahnhof auch tagsüber nicht von allen Zügen angefahren werden könne. Und: "Zurzeit sehen wir uns nicht in der Lage, eine stabile Aussage darüber zu machen, wie es jenseits des August weitergeht."

Das Umfahren des Mainzer Hauptbahnhofs verlängert die Fahrzeit der Fernzüge um rund 15 Minuten. Wenn dann Anschlüsse verpasst werden, können sich Verspätungen auf eine Stunde summieren — was einen Erstattungsanspruch von 25 Prozent des Fahrpreises auslöst. Dies gilt, bis die Mainzer Misere offiziell in den Fahrplan eingearbeitet ist. Darauf verweist der Fahrgastverband Pro Bahn.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sieht Mainz — anders als die Bahn — nicht als Einzelfall. Schon jetzt seien bei den Fahrdienstleitern eine Million Überstunden aufgelaufen, davon 180 000 in NRW. EVG-Vize Klaus-Dieter Hommel kündigte an, die Betriebsräte würden die Zustimmung zu weiteren Überstunden verweigern, was die Lage verschärfen dürfte.

Der Chef des Bundestags-Verkehrsausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), sagte: "Bei der Bahn wird massiv gespart und nur auf die Rendite geschaut. Das wirkt sich irgendwann so aus, dass sogar Bahnhöfe von Landeshauptstädten nicht mehr angefahren werden können."

Update Samstag, 10. August, 9.42 Uhr:

Bahnchef Rüdiger Grube reagiert einem Medienbericht zufolge auf das Bahn-Chaos in Mainz mit personellen Konsequenzen. Der Vorstand Produktion der DB Netz AG, Hansjörg Hess, werde von seinen Aufgaben entbunden, berichtet die "Stuttgarter Zeitung" unter Berufung auf Unternehmenskreise.

Der Schritt sei schon seit längerer Zeit geplant gewesen, die aktuellen Ereignisse in Mainz hätten die Ablösung jedoch beschleunigt. Hess ist seit Juni 2011 Vorstandsmitglied bei der DB Netz AG. Ein Sprecher der Bahn sagte am Freitagabend, dass das Unternehmen keine Stellungnahme zu Personalien abgebe.

(mar)
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