Reagierte der Konzern zu spät? US-Kongress untersucht Rückruf bei General Motors

Washington/Detroit · Haben General Motors und die US-Verkehrssicherheitsbehörde einen Rückruf verschleppt? Mussten deshalb Menschen sterben? Diesen Fragen geht jetzt ein Ausschuss des US-Kongresses nach. Erinnerungen an Toyotas Rückruf-Debakel vor vier Jahren werden wach.

Jaguar, Opel, Saab & Co.: Die lebenden Toten der Automobilwelt
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General Motors muss sich unbequeme Fragen zu einem Rückruf von 1,6 Millionen älteren Autos nach tödlichen Unfällen gefallen lassen. Ein Ausschuss des US-Kongresses untersucht, ob der Opel-Mutterkonzern oder die Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA die Sache fast ein Jahrzehnt verschleppt haben. Bei mehreren Modellen der Marken Chevrolet, Pontiac und Saturn kann der Zündschlüssel während der Fahrt in die Aus-Position zurückspringen.

"Haben das Unternehmen oder die Aufsichtsbehörden etwas übersehen, das schon früher auf dieses Problem hätte hinweisen können?", fragte der Vorsitzende des House Energy and Commerce Committee, Fred Upton, am späten Montag in Washington. Recherchen von US-Medien deuten in diese Richtung. "Wenn die Antwort Ja lautet, müssen wir herausfinden, warum dies passiert ist." Er kündigte an, in den kommenden Wochen eine Anhörung zu dem Thema abzuhalten.

Betroffen von dem Fehler am Zündschloss sind Modelle aus den Jahren 2003 bis 2007, namentlich der Chevrolet Cobalt und HHR, der Saturn Sky und Ion, der Pontiac Solstice und G5 sowie der nur in Kanada verkaufte Pontiac Pursuit. Opel-Autos sind nicht betroffen. 31 Unfälle mit 13 Toten werden mit dem Defekt in Verbindung gebracht.
Bei ausgeschalteter Zündung funktionieren Airbags, Servolenkung oder Bremskraftverstärker in der Regel nicht.

Auto ging während Fahrt aus

Nach Recherchen der "New York Times" waren in den vergangenen elf Jahren mehr als 260 Beschwerden bei den US-Verkehrsaufsehern eingegangenen. Sie betrafen GM-Modelle, die während der Fahrt ausgehen. Die Beamten hätten das Problem jedoch nicht weiter untersucht. Nach Angaben des "Wall Street Journal" wussten GM-Mitarbeiter schon seit Anfang 2004 von dem fehlerhaften Zündschloss. Der Rückruf begann indes erst im vergangenen Monat. Die Zeitung "USA Today" zeigte online eine Bildergalerie mit tödlich verunglückten Autoinsassen - viele davon Teenager.

GM hat den Fall inzwischen zur Chefsache gemacht. Die seit Januar amtierende Konzernlenkerin Mary Barra hatte in einem Schreiben an die Belegschaft erklärt, ihr Team habe erst vor einigen Wochen von der Sache erfahren. Sie kündigte eine rückhaltlose Aufklärung an und engagierte dafür den bekannten Anwalt Anton Valukas, der schon den Bankrott der US-Investmentbank Lehman Brothers untersucht hatte.

Der Umgang mit dem gefährlichen Defekt könnte am gerade erst wieder aufpolierten Image von General Motors kratzen. Der Konzern war 2009 in die Insolvenz gerutscht und hatte vom Staat gerettet werden müssen. Mittlerweile steht GM wieder auf eigenen Beinen; neue Modelle heimsten nach einer langen Durststrecke Preise für ihre Qualität ein. Die zurückgerufenen Fahrzeuge werden nicht mehr gebaut.

Der Rückruf lässt Erinnerungen an Toyotas Debakel vor vier Jahren wachwerden. Klemmende Gaspedale und rutschende Fußmatten standen damals im Verdacht, für zahlreiche Unfälle mit Todesopfern verantwortlich zu sein. Toyota startete einen weltweiten Rückruf; auf dem wichtigen US-Markt brachen die Verkäufe ein. Der Autobauer musste eine Strafe in den USA zahlen, weil der japanische Hersteller nach Ansicht der Aufsichtsbehörde die Probleme nicht rechtzeitig gemeldet hatte. Auch damals gab es eine Anhörung vor einem Kongressausschuss.

(dpa)
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