Flaute im Werbegeschäft ProSiebenSat.1 streicht Gewinnerwartungen erneut zusammen

Unterföhring · Nach Börsenschluss am Donnerstagabend überrascht ProSiebenSat.1 mit einer Mitteilung: Zum dritten Mal binnen drei Monaten streicht der Fernsehkonzern seine Gewinnerwartungen zusammen.

Das Logo und der Schriftzug der ProSiebenSat.1 Media SE am Konzernsitz in Unterföhring.

Das Logo und der Schriftzug der ProSiebenSat.1 Media SE am Konzernsitz in Unterföhring.

Foto: dpa/Matthias Balk

Wegen schlechterer Aussichten für das Werbegeschäft im wichtigsten Quartal senkt der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 seine Prognose ein weiteres Mal. 2022 dürfte der Umsatz auf rund 4,15 Milliarden Euro zurückgehen, teilte das im MDax notierte Unternehmen am Donnerstagabend überraschend nach Börsenschluss in Unterföhring bei München mit. Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch 4,5 Milliarden Euro erlöst.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte zudem mit 650 Millionen Euro deutlich unter dem Vorjahreswert von 840 Millionen Euro liegen. Darin seien der negative Konsolidierungseffekt aus der vollständigen Übernahme der Streaming-Plattform Joyn sowie Kostensparmaßnahmen enthalten.

Das wäre ein Umsatzrückgang um acht Prozent und ein Gewinneinbruch um fast ein Viertel gegenüber dem Vorjahr. Durch den Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation habe sich die Konsumstimmung in Deutschland, Österreich und der Schweiz verschlechtert, die wichtig für die Werbeeinnahmen der Fernsehsender und der Online-Portale des Konzerns ist, erklärte das Unternehmen.

Mit Blick auf das Schlussquartal geht der Vorstand davon aus, dass die hochmargigen Werbeerlöse deutlich zurückgehen werden. Infolge der Konsumflaute dürfte der Quartalswerbeumsatz etwa um 17 Prozent unter dem Vorjahreswert von 776 Millionen Euro liegen.

Die Werbekunden buchten deutlich weniger als erwartet, sagte Finanzvorstand Ralf Peter Gierig. Schon im dritten Quartal waren die Werbeeinnahmen um zehn Prozent zurückgegangen. Die drei Monate vor Weihnachten sind für ProSiebenSat.1 mit Abstand die wichtigsten des Jahres. 2021 erwirtschaftete ProSiebenSat.1 zwischen Oktober und Dezember fast die Hälfte des Jahresgewinns.

Auch im Online-Geschäft muss ProSiebenSat.1 angesichts der drohenden Rezession und der steigenden Zinsen Abstriche machen. Die Beteiligung an der NuCom Group, in der der Konzern seine Internet-Beteiligungen gebündelt hat, sei im dritten Quartal um 300 Millionen Euro abgeschrieben worden. Beim Verkauf von einem Viertel der Anteile an NuCom an den US-Finanzinvestor General Atlantic war die Sparte mit 1,8 Milliarden Euro bewertet worden. Pläne für einen Börsengang des Dating-Portal ParshipMeet hatten sich im Frühjahr allerdings unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine vorerst zerschlagen. Zu NuCom gehören unter anderem das Vergleichsportal Verivox und der Online-Kosmetikhändler Flaconi. Verkaufspläne für Flaconi waren im Sande verlaufen.

Am kommenden Dienstag übernimmt der ehemalige RTL-Chef Bert Habets die Führung von ProSiebenSat.1. Er sitzt bisher im Aufsichtsrat. Vorstandschef Rainer Beaujean hatte Anfang des Monats „in gegenseitigem Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat“ sein Amt nach zweieinhalb Jahren aufgegeben.

Im nachbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate verlor die ProSiebenSat.1-Aktie nach Bekanntwerden der Nachrichten rund 2,7 Prozent an Wert.

(peng/dpa/Reuters)
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