Thomas Sedran an der Konzernspitze Opels Chefsessel ist ein Schleudersitz

Düsseldorf · Thomas Sedran ist neuer Opel-Chef. Vorübergehend. Der Posten ist ein Schleudersitz. Nur gut 15 Monate hatte sich Karl-Friedrich Stracke als Vorstand der Adam Opel AG gehalten - und musste den Chefposten damit noch schneller räumen als sein Vorgänger Nick Reilly.

1948 bis 2012: Die Opel-Chefs im Überblick
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Foto: dpa, Gm Company, Andreas Liebschner

Nun soll es also Thomas Sedran richten. Zumindest übergangsweise. Der Sanierungsexperte soll den sanierungsbedürftigen Autohersteller Opel aus der größten Krise der Unternehmensgeschichte lenken. Am Dienstag hatte der Aufsichtsrat dem Strategievorstand auch die Aufgaben des Stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden übertragen.

Doch eine zentrale Frage bleibt nach der Neubesetzung des Chefsessels: Wie lange kann sich Sedran halten? Oder vielmehr: Wie lange darf er sich halten? Ein Blick in die Rüsselsheimer Konzernchronik und die des Mutterunternehmens General Motors legt die Vermutung nahe, dass es nicht lange dauern wird, bis ein Nachfolger für den Übergangschef gefunden wird und Sedran seinen Posten wieder räumen muss.

Sedran ist Nummer 19

Sedran ist Nummer 19 in der langen Liste der Opel-Vorsitzenden. Allein in den vergangenen drei Jahren hat GM drei Deutschland-Chefs verbrannt. Die wichtigste Aufgabe Sedrans wird darin bestehen, die Forderungen des Mutterkonzerns nach einem wettbewerbsfähigen Zukunftskonzept mit denen der Belegschaft nach Arbeitsplatzsicherung zusammenzubringen - eine Herkulesaufgabe, an der viele seiner Vorgänger bereits gescheitert sind.

Ganz oben auf der Liste steht die Standort- und Beschäftigungsgarantie für das Werk Bochum mit mehr als 3000 Arbeitnehmern, die bisher bis 2014 gilt. Die Arbeitnehmer haben auf eine Gehaltserhöhung verzichtet, um Bereitschaft zur Kostenreduzierung zu signalisieren. Im Gegenzug wollen sie eine Bestandsgarantie bis 2016. Die Lösung dürfte allerdings bedeuten, dass das Bochumer Werk 2017 geschlossen wird.

Schwieriges Erbe

Sedran verwaltet ein schwieriges Erbe. Opel schreibt seit Jahren massive Verluste. Die Wende wollte der Traditionsfirma bislang nicht gelingen. Und die Ungeduld bei der US-Konzernmutter General Motors (GM) in Detroit wächst.

Ex-Chef Stracke soll seinen Posten verloren haben, weil die Finanzierung seines Zukunftsplans für Opel nicht aufging, wie das "Handelsblatt" berichtete. GM-Chef Dan Akerson soll demnach bei einem Kurzbesuch vergangene Woche in dem Sanierungsplan eine Finanzlücke in dreistelliger Millionenhöhe entdeckt haben. Das Schicksal Strackes sei dann spontan besiegelt worden.

Viele Kandidaten im Gespräch

Was Kandidaten für eine endgültige Nachfolge Strackes angeht, wird laut "Handelsblatt" in Rüsselsheim über eine ganze Reihe erfahrener Automanager spekuliert. Denkbar sind demnach der frühere Daimler-Vorstand Rainer Schmückle, VW-Manager und Ex-Conti-Chef Karl-Thomas Neumann oder Herbert Demel vom Zulieferer Magna.

Auch über Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wird demnach gesprochen. Wiedeking hatte Porsche vom Krisenunternehmen zu einem der profitabelsten Autohersteller der Welt umgebaut. Namen kursieren also viele. Vielleicht aber kann sich auch Sedran auf dem wackligsten Chefsessel der deutschen Autoindustrie halten.

Absatzverluste zum Dienstantritt

Dies ist bereits einst dem Waliser Nick Reilly bei Opel gelungen, der als Vorgänger Strackes 2009 ebenfalls zunächst vorläufig die Geschäfte leiten sollte - und dann fester Opel-Chef wurde. Allerdings schleuderte es dann auch Reilly schon 2011 wieder vom Chefsessel bei Opel.

Der neue Mann an der Spitze wurde schon am Dienstag mit Absatzverlusten für Opel/Vauxhall von 15 Prozent im ersten Halbjahr 2012 konfrontiert - 8,2 Prozentpunkte schlechter als der Branchendurchschnitt. Über alle Marken hinweg betrug der Einbruch nach Angaben des Branchenverbandes Acea lediglich 6,8 Prozent.

Konzernumbau geht weiter

Wie in der gesamten Branche schwächte sich der Abwärtstrend im Juni leicht ab: Opel verbuchte einen Rückgang von 12,2 Prozent, alle Hersteller ein Minus von 2,8 Prozent im Vergleich zum Juni 2011. In den von Opel nicht oder kaum erreichten Märkten Russland, China, Japan und Indien wuchs der Autoabsatz dagegen weiter zweistellig.

Im Zuge der Neuausrichtung Opels verlieren zwei weitere Topmanager ihre Positionen. Entwicklungschefin Rita Forst und Finanzchef Mark James werden abgelöst, wie Opel am Mittwoch in Rüsselsheim mitteilte.

Neuer Chef-Entwickler wird Michael Ableson, der bisher die Fahrzeuge der Kompaktklasse verantwortete. Als Finanzvorstand kommt Michael Lohscheller, der bisher Finanzchef der US-Tochter des Konkurrenten Volkswagen war und dort die Sanierung mit geleitet hatte.

(nbe)
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