Krise um angeschlagenen Autobauer Opel-Länder in der Pflicht

Berlin/Düsseldorf (RPO). Bitter enttäuscht verlassen die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen das Kanzleramt: Vom Bund können sie keine Mithilfe zur Opel-Rettung erwarten, so die Botschaft der Kanzlerin. Nun fordern die Länderchefs Opel zu neuen Gesprächen auf.

2009: Tausende Opelaner protestieren gegen GM
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2009: Tausende Opelaner protestieren gegen GM

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Mit versteinerten Mienen treten Jürgen Rüttgers, Roland Koch, Kurt Beck und Christine Lieberknecht unter der gleißenden Nachmittagssonne vor das Bundeskanzleramt. Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident sagt ein paar unklare, aber düster klingende Sätze über das Ergebnis des hinter ihnen liegenden Spitzengesprächs mit Angela Merkel über Opel.

Kurt Beck, SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, wird deutlicher: "Ich bin bitter enttäuscht. Ich habe mit dem Gesprächsangebot der Kanzlerin verbunden, dass man einen neuen Weg bespricht." Ähnliche Reaktionen auch bei den Opelanern in Bochum. Betriebsratschef Rainer Einenkel spricht von einer "Ohrfeige für die Mitarbeiter" und "maßloser Enttäuschung".

Beispiellose Brüskierung für Brüderle

Was ist passiert? Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat am Mittwoch den Antrag der Opel-Mutter General Motors (GM) auf Kreditbürgschaften aus dem Deutschlandfonds des Bundes endgültig abgelehnt.

Doch nur zwei Stunden später verkündet Angela Merkel im Kanzleramt, damit sei zu Opel "das letzte Wort noch nicht gesprochen". Sie lädt die Ministerpräsidenten zu einem Spitzengespräch am nächsten Tag ein - eine beispiellose Brüskierung für Brüderle.

Dass sich die Länderchefs daraufhin Hoffnungen machen, die Kanzlerin werde doch noch aus irgendeinem Finanztopf Hilfen des Bundes für Opel locker machen, ist verständlich. Doch zur Überraschung aller hat Merkel nichts zu bieten: "Meine Erwartungen, dass wir vom Bund noch Hilfe bekommen, sind sehr begrenzt", sagt Beck nach dem Gespräch. Im Kanzleramt heißt es später, Merkel habe am Mittwoch nur signalisieren wollen, dass sie weiter gesprächsbereit sei.

Sanierung mit 800 Millionen Euro

Ursprünglich hatte GM Bund und Länder um Kreditbürgschaften in Höhe von 1,1 Milliarden Euro gebeten, wovon die Länder die Hälfte übernehmen sollten. Am Mittwoch reduziert Opel-Chef Nick Reilly den Bedarf auf 800 Millionen Euro. Auch mit dieser Summe, so Reilly in einer Telefonkonferenz, könne Opel ohne Werksschließungen in Deutschland saniert werden.

Einenkel wiederholt gestern seine Einschätzung, dass das Bochumer Werk ohne Staatshilfe aus Deutschland "ganz oben auf der Streichliste der dann zu schließenden Werke steht". Andere europäische Opel-Standort-Staaten wie Spanien und Großbritannien hätten längst Hilfen zugesagt: "Wenn aus diesem Grund die Produktion innerhalb Europas zugunsten von England und Spanien umverteilt wird, bleibt für Bochum kein Produktionsauftrag mehr übrig."

Opel braucht frisches Geld zur Umrüstung der Werke auf neue Modelle. Am meisten drückt der Schuh in Bochum, wo schon in wenigen Wochen die Entscheidung über die Umrüstung für den neuen Zafira fallen muss. Außerdem sind für Bochum diverse Elektro-Auto-Modelle im Gespräch.

Banges Warten in Eisenach

Auch in Rüsselsheim, wo ab kommendem Jahr der neue Astra vom Band rollen soll, sowie in Eisenach, wo die Opelaner auf den neuen Corsa umrüsten wollen, wartet man händeringend auf eine Entscheidung.

Die Annahme Brüderles, dass die Opel-Mutter GM inzwischen selbst über genügend Geld zur Sanierung von Opel verfügt, beurteilen Experten kritisch. Zwar hat GM im ersten Quartal wieder 900 Millionen US-Dollar verdient (nach einem Verlust von vier Milliarden im Vorjahr) und verfügt über 35,7 Milliarden Dollar Barmittel.

Allerdings musste der US- Steuerzahler GM 2009 mit 80 Milliarden Euro vor der Pleite retten. Die US-Regierung hatte damals sichergestellt, dass spätere Gewinne nicht an Tochtergesellschaften im Ausland abfließen.

(RP)
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