Entscheidung über Opel-Hilfen bis Weichnachten Opel dementiert Gerüchte über Produktionskürzung

Rüsselsheim (RPO). Der Autobauer Opel ist Angaben aus dem Betriebsrat zu drastischen Produktionskürzungen entgegengetreten. "Uns sind diese Zahlen nicht bekannt", sagte Opel-Sprecher Jörg Schrott am Freitag in Rüsselsheim. Das Unternehmen werde im kommenden Jahr die Zahl der gebauten Autos flexibel an die jeweilige Marktlage anpassen.

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Foto: AP

Der Betriebsratsvorsitzende des Bochumer Opel-Werkes, Rainer Einenkel, hatte in einem Interview mit unserer Redaktion erklärt, Opel werde "im nächsten Jahr in den europäischen Astra-Werken die Produktion um 20 bis 30 Prozent zurückfahren". Entsprechend würden die Arbeitszeiten angepasst.

"Im Gespräch sind entweder der Wegfall der Nachtschicht in Bochum, 70 Tage Kurzarbeit im kommenden Jahr oder eine Reduktion der Wochenarbeitszeit von 35 auf 30 Stunden ohne Lohnausgleich", wurde Einenkel zitiert. Denkbar seien Gehaltseinbußen von durchschnittlich 15 Prozent. Der Astra wird in Bochum, im belgischen Antwerpen, im britischen Ellesmere Port sowie im polnischen Gliwice gebaut.

Gesamtbetriebsratschef verärgert

Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz reagierte verärgert auf die Äußerungen seines Bochumer Kollegen. Jetzt Zahlen über Produktionskürzungen zu nennen, sei unseriös und "schadet der Marke", sagte Franz der "Frankfurter Rundschau". Er warnte vor unseriöser Panikmache. Franz nannte es fahrlässig, Produktionskürzungen und Einbußen für die Belegschaft herbeizureden. Niemand wisse, wie sich der Markt im nächsten Jahr entwickele.

Nach Angaben von Opel werden acht von zehn größeren Werken wegen der Absatzkrise eine verlängerte Weihnachtspause einlegen. So werden in Bochum die Bänder vom 15. Dezember bis 6. Januar, in Eisenach vom 17. Dezember bis 7. Januar stillstehen. Eine vierwöchige Produktionspause bis zum 9. Januar legt das Astra-Werk in Ellesmere Port ein.

Keine verlängerte Weihnachtspause gibt es dagegen im Opel-Stammwerk in Rüsselsheim sowie im Komponentenwerk in Kaiserslautern. Beide Werke sind wegen des Produktionsstarts für das neue Mittelklassemodell Insignia derzeit gut ausgelastet. Nach Opel-Angaben gab es allein im November für den Insignia rund 10.000 Bestellungen.

Entscheidung über Opel-Hilfen bis Weichnachten

Der Autobauer Opel kann angesichts der Krise seiner US-Muttergesellschaft GM bis Weihnachten mit einer Entscheidung der Bundesregierung über Finanzhilfen rechnen. Derzeit laufen Gespräche über "erste Konzepte" zur Sicherung des Rüsselsheimer Unternehmens, wie eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums am Freitag in Berlin sagte. Die deutschen Autobauer meldeten unterdessen katastrophale Verkaufszahlen für November.

Derzeit würde "verschiedene Szenarien diskutiert", ob und wie die Bundesregierung Opel unter die Arme greifen können, sagte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Dabei müsse auch beobachtet werden, in welcher Form die US-Regierung der Opel-Mutter GM zur Hilfe kommt. Jedoch würden "Vorbereitungen getroffen, die für alle Fälle ein Handeln möglich machen". GM Europe hatte den Finanzbedarf von Opel auf bis zu eine Milliarde Euro beziffert.

Im Opel-Betriebsrat brach unterdessen ein Streit über den Umgang mit der Krise des Autobauers und der gesamten Branche aus. Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz warnte in der "Frankfurter Rundschau" vom Freitag vor unseriöser Panikmache. Jetzt Zahlen über Produktionskürzungen zu nennen, schade nur der Marke Opel. Franz reagierte damit auf Äußerungen des Betriebsratschefs des Bochumer Opel-Werks, Rainer Einenkel. Dieser hatte der "Rheinischen Post" gesagt, dass die Produktion in den europäischen Werken, in denen das Modell Astra gebaut wird, 2009 um bis zu 30 Prozent zurückgefahren werden müsse.

Andere deutsche Autohersteller meldeten einen dramatischen Absatzrückgang für November. Der Stuttgarter Autobauer Daimler verkaufte 28 Prozent weniger Autos der Marke Mercedes-Benz als noch im Vorjahresmonat, wie das Unternehmen mitteilte. In den ersten elf Monaten ging der Absatz demnach um vier Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Beim Münchner Autobauer BMW schrumpfte der Absatz im November um ein Viertel im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Unternehmen mitteilte. Seit Jahresbeginn gingen die Verkäufe demnach gegenüber 2007 um insgesamt 1,8 Prozent zurück.

Zur Unterstützung der Autobranche beschloss der Bundesrat am Freitag eine Befreiung von der Kfz-Steuer für die Käufer schadstoffarmer Neuwagen. Die Länder Thüringen und Hessen hatten dem Beschluss bereits vorgegriffen und verzichteten bei allen ab dem fünften November zugelassenen Neufahrzeugen auf die Abgabe. Auch Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein schickten Neuwagen-Käufern keinen Steuerbescheid zu. Die Länder-Regelungen waren teils vorläufig und sollten verhindern, dass die Verwaltung zwei Bescheide zuschicken muss: einen über die Besteuerung und einen nach Inkrafttreten des Gesetzes über einen Verzicht darauf.

Der Autozuliefer- und Rüstungskonzern Rheinmetall kündigte unterdessen harte Einschnitte in der Produktion an. In der ersten Jahreshälfte 2009 wolle das Unternehmen an fast allen seiner neun deutschen Autozuliefer-Standorte Kurzarbeit anmelden, sagte ein Rheinmetall-Sprecher. Betroffen seien unter anderem die Werke in Berlin, Hamburg und Neckarsulm. Daneben werde der Konzern die anstehenden Weihnachtsferien von bisher zwei auf bis zu vier Wochen verlängern. Bis Anfang 2010 wolle Rheinmetall insgesamt 250 von 5600 Stellen in Deutschland abbauen.

Der Chef des Autozulieferers Kirchhoff, Arndt Kirchhoff, warnte vor Firmenpleiten in der Zulieferbranche. Er kenne schon erste Unternehmen, "die in der Insolvenz sind", sagte Kirchhoff. Für viele Zulieferer sei es derzeit schwierig an Kredite zu kommen.

In den USA blieb unterdessen weiterhin offen, ob die drei großen Autokonzerne des Landes die geforderten Finanzhilfen in Höhe von 34 Milliarden US-Dollar erhalten. Der demokratische Senator Chris Dodd sagte, er arbeite hart an einer Übereinkunft zwischen dem US-Kongress und den Chefs von Ford, Chrysler und GM. Jedoch sei unklar ob die Abgeordneten dem Rettungspaket zustimmen würden.

(AP)
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