Wegen Schließung des Standorts Bochum Opel-Betriebsrat verklagt eigenen Konzern
Bochum · Mit einem Trick will die Belegschaft in Bochum die Werkschließung noch verhindern. Die Chancen liegen eher niedrig, doch für den Konzern ist der neue Streit ein Problem: Er will endlich das Image aufbessern und mehr Autos verkaufen.
Der angeschlagene Auto-Konzern Opel kommt nicht zur Ruhe. Der Betriebsratsvorsitzende der Werke in Bochum, Rainer Einenkel, reichte nun beim Landgericht Darmstadt Klage gegen das Unternehmen ein. Damit will Einenkel verhindern, dass Ende kommenden Jahres die Zafira-Produktion in Bochum eingestellt und das Werk geschlossen wird.
"Es geht vorrangig darum, dass dem Aufsichtsrat eine vom Gesetz vorgeschriebene und der wirtschaftlichen Bedeutung notwendige Information und Beratung zur Zafira-Verlagerung verweigert wurde", erklärt Einenkel in einer E-Mail an die Belegschaft.
Damit bestreitet er, dass die Entscheidung korrekt verlaufen sei. Ein Opel-Sprecher sagt, dass "uns bislang keine Dokumente zu diesem Thema zugegangen sind". Man stelle aber fest, dass der Aufsichtsrat seine Entscheidung korrekt getroffen habe. Experten räumen der Klage ohnehin wenig Aussicht auf Erfolg ein — im Zweifelsfall kann der Aufsichtsrat außerdem noch einmal abstimmen.
Die Belegschaft stört sich vor allem am Ablauf der Entscheidung gegen Bochum. Ende Juni vergangenen Jahres hatte der Aufsichtsrat die Produktion des Zafira bis Ende 2016 für Bochum zugesagt. Vor vier Monaten beschloss der Aufsichtsrat dann, dass die Fahrzeugproduktion im Ruhrgebiet bereits Ende 2014 auslaufen soll. Der Familienwagen soll ab Januar 2015 in Rüsselsheim gebaut werden, wie Opel einen Monat später erklärte.
"Diese Entscheidung stärkt das hessische Stammwerk", teilte die Tochter des US-Konzerns General Motors (GM) mit. Zuvor hatte die Belegschaft auf Anraten Einenkels gegen ein Sanierungspaket gestimmt, das im Gegenzug für die Zustimmung der Opelaner zur Schließung des Werkes im Jahr 2016 Anschlusshilfen für die Beschäftigten in Höhe von 500 Millionen Euro vorgesehen hatte. Jetzt wird das Werk 2014 geschlossen, und die Anschlusshilfen für die 3200 Beschäftigten bleiben aus.
Der Automobil-Experte der Universität Duisburg-Essen, Ferdinand Dudenhöfer, betrachtet den Zeitpunkt der Klage als außerordentlich schlecht — und macht auch Opel-Chef Karl-Thomas Neumann dafür verantwortlich. "Es gelingt ihm nicht, die Lage zu beruhigen", meint er. Erst vor wenigen Tagen sagte Neumann dem "Handelsblatt", dass es eine Schande sei, "dass die Marke Opel heute den großartigen Produkten eher im Weg steht, als dass sie hilft". Dabei sind es meistens die Marken, die beim Autokauf darüber entscheiden, für welchen Hersteller sich Kunden entscheiden.
Entgegen der Absatzkrise im weltweiten Auto-Markt (zuletzt verkauften die Hersteller 1995 so wenige Kraftfahrzeuge) gab es von Opel im Juli aber gute Nachrichten. In Deutschland wurden 18 600 Wagen neu zugelassen. Das sind fast elf Prozent mehr als im Juli 2012. Dabei sorgte vor allem das jüngste Modell, der lifestyle-orientierte Adam, für Schwung. Auch die Geländelimousine Mokka kommt gut an. Dennoch kritisiert Dudenhöfer die öffentliche Darstellung des Konzerns. "Die Kunden fassen derzeit schlecht Vertrauen zu Opel — und Opel macht es den Kunden nicht leicht, dass sich das in Zukunft ändert", sagt er.
Ändern soll das Tina Müller. Die ehemalige Vorzeigemanagerin von Henkel ist seit zwei Wochen Marketingvorstand des Unternehmens — und vom Trubel rund um das Werk in Bochum wenig angetan. Bereits vor ihrem offiziellen Dienstbeginn sagte sie dem "Handelsblatt", dass Markenarbeit schwerer würde, "wenn sie noch immer einen negativen Fluss von Nachrichten" haben. Damals äußerte sie sich noch "zuversichtlich, dass die Unternehmensthemen gelöst werden und wir noch mehr in die Offensive gehen können" — es ist anders gekommen