Eisenbahnoffensive NRW will mehr Bahnstrecken elektrifizieren

Düsseldorf · Bei 152 Projekten könnten 2,6 Milliarden Euro investiert werden. Wichtige Routen liegen im Rheinland. Doch weil das Verlegen von Oberleitungen aufwändig ist, will die Bahn auch auf Züge mit Akku setzen.

 Gleise in der Nähe von Frankfurt. (Archiv)

Gleise in der Nähe von Frankfurt. (Archiv)

Foto: DPA / Michael Probst

Nordrhein-Westfalen will eine deutlich bessere Elektrifizierung des Bahnnetzes erreichen. Das geht aus einer Vorlage des Verkehrsministeriums hervor, die am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Landtages erläutert wird. Elektrotriebzüge sollten Vorfahrt erhalten, weil sie schneller beschleunigen, leiser fahren und mehr Komfort haben, lautet die Argumentation, die CDU, FDP und Grüne schon länger gemeinsam vertreten.

Laut einer nun vorgestellten Liste müssten insgesamt 2,6 Milliarden Euro in 152 Projekte investiert werden, um weitgehend von Dieselbetrieb auf Strom von der Oberleitung umzustellen. 923 Millionen Euro müssten demnach im Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe investiert werden, um zu einer ausreichenden Abdeckung zu kommen. 383 Millionen Euro wären im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) fällig, 891 Millionen Euro im Zweckverband Rheinland, in dem der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und der Aachener Verkehrsverbund zusammenarbeiten. Der Rest entfällt auf gemeinsame Projekte zwischen den Verbünden.

Die Landesregierung will jetzt mit den Unternehmen prüfen, welche Projekte Vorrang bekommen. Dabei hält es Lothar Ebbers, Sprecher der Organisation Pro Bahn, für denkbar, dass übergangsweise auch elektrisch betriebene Züge eingesetzt werden, die einen Teil der Strecke per Akku zurücklegen. „So lässt sich das Problem lösen, dass es oft viele Jahre dauert, bis Oberleitungen gelegt werden. Auf den Abschnitten mit Oberleitung fährt der Zug dann mit Strom aus der Leitung, auf anderen Abschnitten hilft der geladene Strom.“

Einige Strecken, bei denen weiter elektrifiziert sind, zeichnen sich bereits ab. So wird die Regiobahn von Düsseldorf-Gerresheim nach Mettmann und von Neuss nach Kaarst umgestellt, ebenso die geplante Verlängerung der Regiobahn bis Wuppertal. Zwischen Wesel und Bocholt soll ein 20 Kilometer langes Stück der Route des „Bocholter“ elektrifiziert werden. Zwischen Duisburg und Xanten soll noch ein großer Abschnitt auf Strombetrieb umgestellt werden.

Gleichzeitig rechnet Experte Ebbers damit, dass auf der Route zwischen Solingen bis Wuppertal eher ein Akkuzug eingesetzt wird, weil auf die berühmte Müngstener Brücke keine Strommasten gebaut werden können.

Auch im Umfeld von Köln und Bonn zeichnen sich weitere Elektrifizierungen ab. Zu den Kandidaten gehören Verlängerungen der S-Bahn-Netze Richtung Kall, Gummersbach und Bedburg. Außerdem gehört die Strecke zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel zu den Kandidaten, ebenso von Bonn über Euskirchen bis Kall. „Dort, wo am meisten Verkehr ist, sollte die weitere Elektrifizierung mit Vorrang vorangetrieben werden“, sagt Arndt Klocke, Co-Chef der Grünen im Landtag, „da kommen große Aufgaben auf das Land zu“. Die Modernisierung wird erleichtert, weil der Bund die Zuschüsse für Infrastrukturprojekte erhöhen will. 2025 soll zwei Milliarden Euro geben, bisher waren es nur 330 Millionen. „Es ist genug Geld da, jetzt müssen die Planungskapazitäten erhöht werden“, so Klocke. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst sieht das ähnlich.

Wie stark NRW und Deutschland bei der Elektrifizierung der Bahnen aufholen können, zeigt der Blick in Nachbarländer: Rund 60 Prozent der Strecken bundesweit und in NRW haben Oberleitungen, in der Schweiz sind es 100 Prozent, in Belgien 86 Prozent.

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