Krise bei Thyssenkrupp NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart bringt Deutsche Stahl AG ins Spiel

Düsseldorf · Der Staat als Miteigentümer könne es beim angeschlagenen Stahlhersteller Thyssenkrupp nicht richten. Davon ist NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart überzeugt. Eine alte Idee für die Branche hält er aber für eine „ernsthafte Option“.

 Die Hochöfen 9 und 8 von Thyssenkrupp in Duisburg sind hinter einer Straße zu sehen (Symbolfoto).

Die Hochöfen 9 und 8 von Thyssenkrupp in Duisburg sind hinter einer Straße zu sehen (Symbolfoto).

Foto: dpa/Marcel Kusch

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sieht in der Gründung einer Deutschen Stahl AG eine Chance zur Stabilisierung der Branche. Ein Zusammenschluss der deutschen Hersteller sei eine „ernsthafte Option“, sagte Pinkwart am Freitag in einer Aktuellen Stunde des nordrhein-westfälischen Landtags. Die Salzgitter AG, der zweitgrößte deutsche Stahlhersteller, lehnt ein Zusammengehen mit dem angeschlagenen Branchenführer Thyssenkrupp allerdings ab.

Pinkwart bekräftigte seine Vorbehalte gegen eine von SPD und IG Metall geforderte Beteiligung des Staates an der Stahlsparte von Thyssenkrupp. „Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Probleme des Unternehmens nicht einfach mit einer staatlichen Beteiligung zu lösen sein werden“, sagte der FDP-Politiker. Pinkwart verwies dabei auf die Lufthansa. Der Staat sei bei der Fluggesellschaft eingestiegen und trotzdem würden dort Tausende Stellen gestrichen. Die Erwartung, „wenn der Staat sich beteiligt, lösten sich die Probleme von selbst, werde dort ganz klar widerlegt“.

SPD und Grüne warfen der Landesregierung vor, kein Konzept für die Unterstützung von Thyssenkrupp zu haben. Die Ankündigungen von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) seien bislang „völlig vage“, kritisierte FDP-Fraktionsvize André Stinka. „Wir brauchen endlich ein entschlossenes und zupackendes politisches Handeln der Landesregierung“, sagte Matthi Bolte-Richter für die Grünen. Der wirtschaftspolitische Sprecher AfD, Christian Loose, sagte, Geschäftsfelder von Thyssenkrupp, wie die Belieferung der Autoindustrie mit Stahl, seien von der deutschen Politik mit ihrem Kurs gegen den Verbrennungsmotor systematisch zerstört worden.

Laut Pinkwart ist der „einzige gangbare Weg“ für eine kurzfristige Unterstützung des Unternehmens Geld aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Voraussetzung sei allerdings, „dass das Unternehmen nicht bereits schon vor der Corona-Pandemie sanierungsbedürftig war“, betonte der Wirtschaftsminister. Thyssenkrupp habe noch keinen Antrag auf Hilfen aus dem Fonds gestellt. Es liefen aber Gespräche des Unternehmens mit dem Bund, die das Land begleite. Thyssenkrupp hatte unmittelbar vor dem Beginn der Corona-Krise sein Aufzugsgeschäft für mehr als 17 Milliarden Euro verkauft und wollte damit den Konzern sanieren.

Der Konzern hatte in der vergangenen Woche angekündigt, den Stellenabbau zu verschärfen. Statt 6000 sollen in den nächsten drei Jahren 11.000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Betriebsbedingte Kündigungen, die bei Thyssenkrupp in Deutschland bisher vermieden wurden, sind nicht mehr ausgeschlossen. Für die Stahlsparte gilt allerdings eine Jobgarantie bis 2026.

Vorstandschefin Martina Merz lässt Kooperationen mit anderen Stahlherstellern in Europa ausloten und ein Übernahmeangebot des britischen Konzerns Liberty Steel für die Stahlsparte prüfen. Auch ein Alleingang beim Stahl ist weiterhin möglich. Eine Entscheidung, wie es mit dem Stahl von Thyssenkrupp weitergeht, soll im März kommenden Jahres fallen.

(chal/mba/dpa)
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