Lufthansa-Streik Nicoley Baublies - der Kopf im Ufo-Cockpit

Düsseldorf · Seit März steht Nicoley Baublies an der Spitze der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation. Einst hatte er ein IT-Unternehmen gegründet, später ließ er sich zum Flugbegleiter umschulen. Nun kämpft der frühere Waldorf-Schüler für 18.000 Stewardessen und ihre wenigen männlichen Kollegen.

Hier streiken die Flugbegleiter
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Bis vor wenigen Tagen konnte wohl kaum jemand mit dem Namen Nicoley Baublies (39) etwas anfangen. Das hat sich schlagartig geändert. Durch die Lufthansa-Streiks, die heute in die zweite Runde gehen, ist der Chef der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation (Ufo) ins Rampenlicht getreten.

Als Gesicht des Arbeitskampfes hat Baublies das Potenzial, eine vergleichbare Marke zu werden wie einst Manfred Schell. Der frühere Chef der Gewerkschaft der Lokomotivführer schaffte es mit seiner Hartnäckigkeit und monatelangen Streiks, der Bahn einen eigenen, deutlich besseren Tarifvertrag für die Lokführer abzutrotzen. Geschätzt von den eigenen Mitgliedern, gehasst von Tausenden Bahnkunden und den Arbeitgebern.

Er selbst spricht von sich als "Rampensau"

Was Schells schmauchende Pfeife und der Hang zu auffälligen Jacketts waren, sind Baublies' markante Brille mit dem runden dunklen Gestell, der Kurzhaarschnitt à la Tim (aus der belgischen Comic-Serie "Tim und Struppi") und die sonore Stimme — Wiedererkennungswert garantiert. "Die Klappe zu halten und ruhig zu bleiben, das war nie so mein Ding", sagt der Mann, der schon Schülersprecher an einer Waldorfschule im Schwarzwald war und als Hobby-Schauspieler und Sänger auf die Bühne trat. "Ich zähle eher zur Kategorie Rampensau."

Eine Rampensau, die Konflikte nicht scheut: Auf seinem Weg an die Spitze der Ufo ging es nicht gerade zimperlich zu. Im Streit mit dem alten Vorstand um die Taktik bei den Lufthansa-Gesprächen sammelte Baublies seine Getreuen um sich, ließ es auf eine Kampfabstimmung ankommen — und gewann. Dabei hatte der alte Vorstand sogar vergeblich versucht, den unliebsamen Emporkömmling per Ausschlussverfahren aus der Ufo zu werfen.

Im März gelang ihm der Coup

Baublies erinnert sich an den Machtkampf heute so: Der alte Vorstand habe aus wahltaktischen Überlegungen einen gelungenen Kompromiss zum Umgang mit den Lufthansa-Leiharbeitern vom Tisch gefegt und sich dann auch noch Fehltritte bei der rechtzeitigen Kündigung des Tarifvertrages geleistet. Kurzum entschloss sich das Lager der Reformwilligen um Baublies, selbst anzutreten. Im März gelang der Coup. Seitdem weht ein neuer, kämpferischer Wind bei der Ufo.

Am Freitag stand Baublies in neongelber Weste mit dem Megafon vor den in Frankfurt streikenden Stewardessen und Stewards. "Auch wenn mir die Arbeit in der Tarifkommission schon längst in Fleisch und Blut übergegangen ist, hab ich mich den ganzen Tag lang wie von außen beobachtet — ein komisches Gefühl", sagt er. Auch das Medieninteresse hat den Ufo-Chef überrascht. Seine Mailbox lief so rasant voll, dass er Journalisten inzwischen bittet, Gesprächsanfragen per SMS zu stellen.

Per Zufall zur Lufthansa

Baublies, der auf seiner Facebookseite angibt, ein Fan von Hannelore Kraft, dem Abba-Film "Mamma Mia!" und den Wagner-Festspielen in Bayreuth zu sein, kam zufällig zur Lufthansa. Nach einem achtjährigen Intermezzo in einem Internet-Start-up-Unternehmen machte ein Nachbar ihn auf den Beruf des Stewards aufmerksam.

Baublies absolvierte einen Kursus für "Flugbegleiter auf Zeit" — ein Programm, das sich vor allem an Studenten und Mütter richtete. Und er blieb. Inzwischen ist er als Purser so etwas wie der Chef-Steward an Bord. Als Gewerkschafts-Chef vertritt er vor allem Frauen, sie stellen vier Fünftel der Flugbegleiter der Lufthansa.

Nun wird sich Baublies beweisen müssen. Am Ende des Tarifstreits muss ein ordentlicher Abschluss stehen. Dass das auch schiefgehen kann — immerhin hat die Lufthansa das Sparprogramm "Core" nicht zum Vergnügen, sondern wegen ernsthafter wirtschaftlicher Schwierigkeiten aufgelegt — zeigt ein Fall aus Großbritannien: Die British-Airways-Flugbegleiter versuchten ebenfalls mit einer harten Streiktaktik bessere Löhne durchzusetzen. Am Ende akzeptierte das Kabinenpersonal sogar Honorarkürzungen. Sollte ein solches Ergebnis auch bei der Ufo herauskommen, wäre es mit Baublies' schnell erreichter Prominenz genauso schnell wieder vorbei.

(plü)
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