Schweizer Nationalbank-Chef tritt zurück "Nichts zu verbergen"

Bern · So sehr wie Deutschland die causa Wulff beschäftigte, so sehr erregte in der Schweiz die Affäre Hildebrand die Genüter. Dem Chef der Nationalbank wurde vorgeworfen, sich durch Insidergeschäfte bereichert zu haben. Auch seine Frau stand unter Beschuss. Am Montag trat er zurück. Begründung: Er wolle die Glaubwürdigkeit der Nationalbank bewahren.

 Philipp Hildebrand trat am Montag vor die Presse.

Philipp Hildebrand trat am Montag vor die Presse.

Foto: afp, FABRICE COFFRINI

Am Nachmittag, wenige Stunden nach seinem Rücktritt, erläuterte Philipp Hildebrand die Gründe seiner dann doch überraschenden Entscheidung. In den vergangenen Tagen hatte er jeden Vorwurf konsequent zurückgewiesen.

Das tat er letztlich bis heute. Doch sei es ihm angesichts der andauernden öffentlichen Debatte nicht möglich, einen Beweis dafür zu erbringen, dass seine Frau ohne sein Wissen die umstrittenen Finanztransaktionen veranlasst habe, erklärte Philipp Hildebrand auf der eilig einberufenen Pressekonferenz im Bundeshaus in Bern.

Anhörung vor dem Parlament

Allerdings bekräftige er seine Aussage, keine Kenntnis von den Transaktionen gehabt und stets die Wahrheit gesagt zu haben. "Ich habe nichts zu verbergen und nichts verbrochen", erklärte Hildebrand. Mit dem Rücktritt wolle er dafür sorgen, dass die Nationalbank ihre Glaubwürdigkeit als höchstes Gut aufrechterhalten könne. Er wäre sonst unter Umständen nicht mehr in der Lage gewesen, in nächster Zeit schwierige Entscheide zu treffen und diese umzusetzen.

Am Montagnachmittag war auch im Bundeshaus eine Anhörung vor der Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK) geplant, in der sich sowohl er als auch Bankratspräsident Hansueli Raggenbass und Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf zu der Affäre äußern sollten.

Wenige Stunden zuvor hatte Hildebrands Kundenberater bei der Bank Sarasin erstmals Stellung zur Affäre genommen. Er bestätigte dabei Aussagen Hildebrands und entlastete ihn. Laut den Angaben des Beraters hat Hildebrands Frau am 15. August den umstrittenen Dollar-Kaufauftrag in ihrer Galerie aus eigener Initiative mündlich erteilt. Zwei Tage später setzte die SNB den Mindestwechselkurs für den Euro auf 1,20 Schweizer Franken fest. Der Kurs des Frankens wurde dadurch gegenüber wichtigen Währungen wie dem Dollar massiv in die Höhe getrieben.

Eine schwierige Zeit

Die "Weltwoche" hatte dem SNB-Präsidenten in der vergangenen Woche vorgeworfen, selbst den umstrittenen Devisenkauf angeordnet zu haben, und deshalb seinen Rücktritt gefordert. Daraufhin war die SNB an die Öffentlichkeit gegangen und hatte den Prüfbericht der SNB-Revisionsstelle PwC offengelegt. Dieser beurteilt die Transaktion vom 15. August zwar als "heikel", sieht aber darin keine Regelverstöße. Das Geschäft brachte den Hildebrands vermutlich rund 75.000 Schweizer Franken ein.

Sein Rücktritt erfülle ihn "mit großer Traurigkeit", erklärte Hildebrand am Montag. Die vergangenen Wochen seien für seine Familie und für ihn selbst eine schwierige Zeit gewesen. Gleichzeitig zeigte er sich stolz über das Erreichte. "Ich würde sagen, dass ich ein verdammt guter Zentralbanker war", erklärte er. So habe der Nationalrat einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Auswirkungen der globalen Krise abzufedern. Sein Amt werde nun interimistisch SNB-Vizepräsident Thomas Jordan übernehmen. Zum Notenbankchef müsste er durch den Bundesrat ernannt werden.

Es war Hildebrand zweite Pressekonferenz in weniger als einer Woche. Am vergangenen Donnerstag hatte er sein wochenlanges Schweigen zu der Affäre erstmals gebrochen und abgestritten, die Richtlinien der SNB verletzt zu haben. Außerdem kündigte er an, die Gewinne aus dem Geschäft für wohltätige Zwecke spenden zu wollen.

(APD)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort