Übernahmepläne Musk, Twitter und die Drohgebärden

Düsseldorf · Die Ankündigung des Milliardärs, sein Kaufangebot möglicherweise zurückzuziehen, könnte auch reine Taktik sein. Es wird bereits über eine Rückzugsstrategie des reichsten Mannes der Welt spekuliert.

Seit der ersten Ankündigung von Elon Musk im April, den Kurznachrichtendienst Twitter kaufen und anschließend von der Börse nehmen zu wollen, knirscht es gewaltig. Er wollte dem Management kein Gehalt zahlen; dieses revanchierte sich in Form einer Giftpille dergestalt, dass andere Anteilseigner zu günstigeren Konditionen Aktien zukaufen können sollten, wenn ein anderer Aktionär ohne Zustimmung der Twitter-Führung mindestens 15 Prozent übernehmen würde. Und schließlich entbrannte der immer noch andauernde Streit um die Zahl der gefakten Twitter-Accounts, die jetzt nach Musks Ausstiegsdrohung vom Pfingstmontag erneut im Mittelpunkt der Diskussion stehen. Twitter habe seine Verpflichtungen „eindeutig verletzt“, Musk behalte sich daher alle Rechte vor, die Fusionsvereinbarung zu kündigen, hieß es seitens seiner Anwälte.

Die permanenten Grabenkämpfe haben dazu geführt, dass der Aktienkurs von Twitter deutlich gesunken ist: Bei 36,49 Euro lag er am Dienstag, und das ist weit weg von dem, was der Multimilliardär den Twitter-Aktionären zu zahlen bereit war. Seine Offerte: 54,20 Dollar je Aktie, umgerechnet etwas mehr als 50 Euro. Mehr als 30 Prozent über dem aktuellen Kurs – da kann man auch als Elon Musk nachdenklich werden.

Und so gehen viele Experten davon aus, dass Musk auf Rückzugsstrategie ist. Wobei man sich fragen muss, ob Musk zuckt, weil Twitter möglicherweise weniger wert ist, als er gedacht hat, oder ob er mit den permanenten Ausstiegsdrohungen selbst den Preis zu drücken versucht, was die Finanzierung des Deals für ihn günstiger machen würde. Das ist ein bisschen so wie die Frage nach der Henne und dem Ei.

Sollte Musk wirklich aussteigen wollen, wird das schwierig. Denn die Twitter-Führung pocht auf die geschlossene Vereinbarung. Das Unternehmen reagierte auf Musks Ankündigungen mit der Botschaft, er habe mit Musk „Informationen ausgetauscht“ und werde das weiter tun. Man sei der Meinung, dass der Deal im besten Interesse aller Aktionäre sei und beabsichtige, „die Transaktion abzuschließen und die Fusionsvereinbarung zum vereinbarten Preis und zu den vereinbarten Bedingungen durchzusetzen“.

Das klingt nicht danach, als ob die Twitter-Oberen froh wären, wenn der Deal platzen würde. Im Zweifel werden sie darauf hoffen, dass Musk von sich aus geht und eine Konventionalstrafe von einer Milliarde Dollar zahlen wird. Aber selbst damit käme er nicht aus dem Deal heraus. Also wird der reichste Mann der Welt Twitter womöglich weiterhin eine Vernebelungstaktik bei den Bots vorwerfen, weiter Informationen verlangen, die Twitter ihm nach eigener Anschauung schon in ausreichendem Maß zur Verfügung gestellt hat. Der Konzern will nicht alle Daten preisgeben, die er hat, und verweist darauf, dass die Informationspflichten beschränkt seien.

Bei seiner Argumentation hat Elon Musk ein wesentliches Problem. Er hat die angeblich gefälschten Accounts schon vor seinem Kaufangebot erwähnt, kann also nicht behaupten, dass seine Offerte unter falschen Voraussetzungen erfolgt sei. „Er war sich der Problematik offensichtlich bewusst – er sprach offen darüber, dass er das Problem beheben wolle, als einen Bereich, in dem er Werte schaffen könne“, so der Anwalt Andrew Freedman.

Allerdings macht es natürlich einen Unterschied, ob es fünf Prozent Fake-Konten gibt, wie das Twitter behauptet, oder 20 Prozent, wie es Musk vermutet. Ohne dass Twitter alle Informationen freiwillig preisgibt, wird wohl ein Gericht entscheiden müssen. Und da hat Musk zumindest einen wichtigen Fürsprecher gefunden: den texa­nischen Generalstaatsanwalt Ken Paxton. Streng konservativ, ein Republikaner und damit Vertreter jener politischen Partei, der sich Musk neuerdings auch verbunden fühlt. Da kann es nie schaden, möglichst einflussreiche Gleichgesinnte auf seiner Seite zu haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort