Verbraucher sollen Risiken erkennen Müntefering fordert TÜV für Geldanlagen

Hamburg (RPO). Zum Schutz der Verbraucher hat Franz Müntefering ein Gütesiegel für Finanzprodukte gefordert. Der SPD-Vorsitzende denkt an eine Einstufung von Produkten, so dass Verbraucher sehen könnten, wie groß ein Risiko ist. Wenn ein Kunde eine Geldanlage mit kleinem Risiko wählt, soll bei Problemen der Berater haften.

Müntefering: seine besten Sprüche
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Foto: AP

"Ich stelle mir vor, dass es einen Geldprodukte-TÜV gibt", sagte Müntefering am Montag in Hamburg nach einem Gespräch mit Betroffenen der Finanzkrise in der Verbraucherzentrale. Bei einem Joghurt sei ein Stempel drauf, bis wann man ihn essen könne. Wenn ein Autohersteller bei einem Modell eine lockere Schraube feststelle, würden hunderttausend Wagen zurückgerufen, und wenn ein ICE schadhaft sei, werde er ausgetauscht. "Wir müssen auch beim Geld nicht unterstellen, dass jeder einzelne Verbraucher die Feinheiten von Derivaten und Zertifikaten kennen muss", sagte der SPD-Chef, nachdem er sich bei Verbrauchern über ihre Erfahrungen mit Finanzberatungen informiert hatte.

Otto Normalverbraucher müsse, wenn er zur Bank geht, mit Urkunden belegt bekommen, ob er ein Produkt zur Geldanlage mit einem kleinen oder einem großen Risiko angeboten bekomme. Und wenn er etwas mit einem kleinen Risiko wähle, müsse bei Problemen auch der haften, der es verkauft habe, sagte Müntefering weiter.

Er verwies darauf, dass die Anleger in der Vergangenheit oft schlecht beraten worden seien: "Es kann nicht sein, dass unter Vortäuschung falscher Tatsachen die Leute in Abenteuer reingelockt werden, die sie nicht beherrschen können. Dann werden sie in der Wüste allein gelassen, und dann ist kein Wasser mehr da."

Frage nach neuen Gesetzen aufgeworfen

Die Frage nach der Sicherheit des Geldes sei in den vergangenen Monaten bei Menschen bedeutender geworden. "Ich halte es für ganz wichtig, dass wir in der Politik dafür sorgen, dass die Menschen Vertrauen haben können in die Zukunft", sagte Müntefering. Die entscheidende Frage sei, ob die Menschen von Finanzberatern tatsächlich beraten würden oder ob es der Versuch sei, jemandem etwas zu verkaufen: "Die Beratung muss im Vordergrund stehen und nicht das Verkaufen. Die Frage ist, ob man das gesetzgeberisch fixieren kann."

Die Politik habe verschiedene Dinge zu tun: Zum einen müssten internationale Regeln für die Finanzindustrie entwickelt werden. Solche Pleiten wie die von Lehman Brothers müssten künftig verhindert werden. Auch sehe er nationale Herausforderungen, sagte Müntefering: "Wir müssen hierzulande einen Verbund hinbekommen, der das Risiko für die Menschen für ihr kleines Geld reduziert."

Mehr Geld soll in Realwirtschaft fließen

Der SPD-Chef forderte außerdem eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte durch die Politik. "Wir wollen, dass die Politik entscheidet - weltweit und europaweit, was mit dem Geld passiert", sagte Müntefering am Abend bei einer Versammlung von Betriebs- und Personalräten in der Hansestadt. "Es darf nicht mehr so viel Geld in die Geldwirtschaft fließen, sondern in die Realwirtschaft." In den vergangenen Jahren sei zuviel in die Geldwirtschaft geflossen.

Deutschland habe in der derzeitigen Krise den Vorteil, ein Industrie- und Produktionsland zu sein. Bei seinen wirtschaftlichen Hilfen dürfe sich der Staat nun nicht leiten lassen von abstrakten Prinzipien, sondern müsse prüfen, wo die entscheidenden Punkte seien, damit das Ganze gehalten werden könne. "Wir müssen gucken, dass wir so viel wie möglich stabilisierend einwirken." Was in der Finanzindustrie "versaut" sei, müsse nun in der Realindustrie gehalten werden.

(AP)
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