Fluggesellschaft Air Berlin will sparen Münster, Dortmund und Paderborn auf Prüfstand

Düsseldorf · Der neue Chef Wolfgang Prock-Schauer greift durch: Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft prüft die Schließung der Standorte Münster, Dortmund und Paderborn. Die Mitarbeiter sollen außerdem auf Gehalt verzichten.

Das ist Wolfgang Prock-Schauer
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Nur zwei Wochen nach der Vorstellung des jüngsten Sparprogramms drückt der neue Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer (56) die Kosten um weitere 50 Millionen Euro. Bis Ende 2014 sollen nun 450 Millionen Euro eingespart werden, wie Deutschlands zweitgrößte Fluglinie gestern mitteilte. NRW ist von dem verschärften Sparkurs des neuen Chefs besonders betroffen: Nach Gewerkschaftsangaben wird aktuell die Schließung der Standorte Dortmund, Münster und Paderborn geprüft. Ein Air-Berlin-Sprecher wollte das nicht bestätigen, räumte aber allgemein Schließungspläne ein: "Durch Netzwerk- und Standort-Optimierung kann Air Berlin zukünftig auf einige Stationen verzichten."

Auch in der Landeshauptstadt ist der verschärfte Sparkurs zu spüren: Air Berlin will die Hauptwartung am Düsseldorfer Flughafen ("Heavy Maintenance") schließen. Betroffen sind 81 Mitarbeiter. In der Air-Berlin-Mitarbeiterzeitung hieß es gestern dazu: "Zur bestmöglichen Ausnutzung aller Potenziale soll die Heavy Maintenance künftig am Standort München konzentriert werden und in Düsseldorf der Schwerpunkt auf Line Maintenance liegen." Während die Flugzeuge bei der sehr personalintensiven "Heavy Maintenance" für mehrere Tage zu Wartungszwecken in den Hangar müssen, steht "Line Maintenance" lediglich für die Durchsicht während des normalen Flugbetriebes.

Am Wochenende wurde außerdem bekannt, dass Air Berlin sich aus dem Sponsoring des Fußball-Bundesligisten Fortuna Düsseldorf zurückzieht. Die Verträge laufen im Sommer aus. Die Fluggesellschaft hat den Club unbestätigten Angaben zufolge in den vergangenen acht Jahren mit insgesamt knapp vier Millionen Euro unterstützt.

Prock-Schauer übernahm die Air-Berlin-Führung vor knapp einem Monat von Hartmut Mehdorn. Wie sein Vorgänger gilt auch der österreichische Luftfahrtmanager mit den grauen Locken als harter Sanierer. Prock-Schauer muss Air Berlin aus einer schweren Krise führen. Nach der übereilten Expansion unter dem Air-Berlin-Gründer Joachim Hunold ist das Unternehmen heute hoch verschuldet. Zuletzt hat die Airline 2007 einen Jahresüberschuss eingeflogen. Der jüngste veröffentlichte Jahresverlust aus dem Jahr 2011 lag bei 272 Millionen Euro.

Für 2012 wurde ein Gewinn versprochen — die Zahlen liegen noch nicht vor. Beobachtern zufolge dürfte Air Berlin das Versprechen aber allenfalls nur deshalb gehalten haben, weil die Fluggesellschaft ihr Vielfliegerprogramm an den Großaktionär Etihad verkaufen konnte. Etihad stieg 2011 bei Air Berlin ein — das kapitalkräftige Unternehmen aus dem Golf-Emirat Abu Dhabi hält seither knapp 30 Prozent und hilft Air Berlin immer wieder mit Finanzspritzen aus. Air Berlin will jüngsten Plänen zufolge 900 der insgesamt 9300 Arbeitsplätze abbauen.

Wie die Gesellschaft gestern mitteilte, will Prock-Schauer die Belegschaft offenbar zu einem Gehaltsverzicht überreden. Der Vorstand habe die eigenen Bezüge um zehn Prozent gekürzt, und mehr als 90 Prozent der Führungskräfte hätten einem Gehaltsminus von fünf Prozent zugestimmt. Die restlichen Beschäftigten sollen nun einmalig auf ihr 13. Monatsgehalt verzichten, um einen Beitrag zur Sanierung zu leisten, hieß es gestern. Anja Schlosser, die in diesen Tagen für die Gewerkschaft Verdi mit Air Berlin über die Zukunft des Unternehmens verhandelt, sagte gestern dazu: "Einen Gehaltsverzicht gibt es wenn überhaupt nur im Gegenzug für den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen." Rund zwei Drittel der 9300 Air-Berlin-Beschäftigten haben tarifgebundene Arbeitsverträge. Für sie gilt eine Beschäftigungssicherung bis Ende des Jahres. Das Management hat sich bislang geweigert, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen.

Unter Mehdorn hat Air Berlin die Flotte bereits von 170 auf nur noch 158 Flugzeuge reduziert. Die mögliche Schließung der Standorte Dortmund, Münster und Paderborn muss aber nicht zwangsläufig zu weiteren Streichungen im Flugplan führen. "Verkleinerungen oder Schließungen einzelner Air-Berlin- Stationen haben keine Auswirkungen auf das Air-Berlin-Angebot an den jeweiligen Flughäfen", sagte der Sprecher am Montag.

(RP/csi/rm/jre)
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