Galeria und seine Führungsfiguren Middelhoff, Beggruen, Benko – das Trio infernale
Düsseldorf · Thomas Middelhoff, Nicolas Berggruen und René Benko sind die Männer, die aus Sicht vieler den Untergang von Galeria und seinen Vorläufern beschleunigt haben. Sympathien dürfte im Unternehmen für sie kaum noch jemand hegen.
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Der Abstieg der heutigen Galeria beginnt mit dem Aufstieg eines seiner Vorgängerunternehmen in einer Zeit, in der Namen wie Thomas Middelhoff, Nicolas Berggruen und René Benko noch gar keine Rolle spielten im deutschen Warenhausgeschäft. Das war vor 24 Jahren, als die Handelskonzerne Karstadt und Quelle ihren Zusammenschluss verkündeten. Es entstand ein Riese mit mehr als 16 Milliarden Euro Umsatz. Es folgten unter den Konzernchefs Walter Deuss und Wolfgang Urban, die sich zwischenzeitlich gegenseitig beharkten, Jahre, in denen zunächst Gewinnprognosen deutlich verfehlt wurden, Umsätze im Warenhausgeschäft wegbrachen, Häuser nicht ausreichend saniert wurden, der Filialumbau ins Stocken geriet. Und, und, und. Bis hin zur Pleite des Mutterkonzerns Arcandor, in den Karstadt-Quelle 2007 umbenannt worden war.
Deuss und Urban sind alles andere als unbeteiligt an der fatalen Entwicklung im vergangenen Vierteljahrhundert. Doch vielen fallen heute in erster Linie drei andere Namen ein, die sie als böse Buben in der Handels-Tragödie ausgemacht haben: Middelhoff, Berggruen und Benko. „Ein Manager, zwei Eigentümer, null Wirkung“, sagt ein Insider.
Thomas Middelhoff Zu dem Zeitpunkt, als der Kunstname Arcandor entsteht, ist der frühere Bertelsmann-Manager schon drei Jahre bei KarstadtQuelle. Erst als Aufsichtsrats-, dann als Vorstandschef. Geholt von Großaktionärin Madeleine Schickedanz, der ihr von dem Bauunternehmer Josef Esch empfohlen worden sein soll. Der wiederum macht Geschäfte mit dem Bankhaus Sal. Oppenheim, bei dem Schickedanz und Middelhoff Geld anlegen – ein unseliges Geflecht.
Middelhoff macht das, was sein Vorvorgänger Urban auch schon probiert hat. Er verkauft Handelsimmobilien für mehrere Milliarden Euro, was zunächst grandios aussieht, sich aber dann als gigantische Falle entpuppt, weil die Mieten viel zu hoch sind und die Verträge über Jahrzehnte laufen. Middelhoff kauft den Touristikkonzern Thomas Cook, will zum Global Player auch im Touristikgeschäft werden, während das Stammgeschäft im Warenhaus dramatisch zurückgeht und dieses immer tiefer in die Krise schliddert. Auch der Abbau Tausender Stellen hilft nicht. Middelhoff sucht vergebens mögliche Partner, bei den Banken ist er unten durch und muss im Frühjahr 2009 gehen. Kurz darauf meldet Arcandor Insolvenz an.
Und Middelhoff? Der Mann, der sich einst selbst als präpotent, dominant, eitel und narzisstisch bezeichnete, wird 2014 wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt und muss auch einen Teil der Strafe absitzen. Absturz eines Mannes, für den es nach ganz viel ganz oben am Ende nach ganz unten ging. Selbst da hat es aber für hundertprozentiges Einsehen in sein Fehlverhalten nicht gereicht.
Nicolas Berggruen Während Arcandor in die Insolvenz ging und Quelle abgewickelt wurde, blieb Karstadt dank eines neuen Investors am Leben. Doch der Deutsch-Amerikaner Nicolas Berggruen, Sohn eines bekannten Kunstsammlers, entpuppt sich als Mann, der nicht nur Fein-, sondern auch einen ausgeprägten Geschäftssinn hat. Schon bei seinem Einstieg 2010 fordert er Gehaltsverzicht, Investitionen aus eigenen Mitteln sucht er zu meiden, über Lizenzrechte verdient er zusätzlich Geld am Warenhaus – das ihn allem Anschein nach nicht wirklich interessiert. Die Luxus-Kaufhäuser werden als erstes verkauft, ein Jahr später ist Berggruen weg. Der Mann, dessen Einstieg die damalige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen noch als „Tag der Freude“ gefeiert hatte, enttäuscht alle hochfliegenden Erwartungen und hinterlässt stattdessen verbrannte Erde.
René Benko Bis heute scheiden sich an dem Österreicher, der Berggruen 2013 als erstes die Luxushäuser in Berlin, Hamburg und München abnahm, die Geister: Ist er wirklich nur am Immobiliengeschäft interessiert und das Warenhaus-Business nur Mittel zum Zweck? Auf jeden Fall spaltet Benko. Die einen preisen die Aura des smarten Österreichers, die anderen würden ihn lieber zum Teufel jagen und werfen ihm vor, er habe Galeria ausgesaugt. Erst übernahm er die Premiumhäuser von Karstadt, dann das Massengeschäft, schließlich dessen Konkurrenten Galeria Kaufhof. Es entstand Galeria Karstadt Kaufhof, dann verschwanden die Traditionsnamen.
Besser ist im Warenhaus nichts geworden. 680 Milliarden Euro Staatshilfe, zwei Milliarden Euro Schuldennachlass – und jetzt werden wieder Filialen geschlossen, Tausende Jobs gestrichen. Benkos Werdegang ist schon tausend Mal erzählt worden, doch mit jedem Kapitel der Galeria-Historie gibt es weniger Bewunderer für den Mann, dessen Vita jedes Klischee, das man von einem Selfmade-Milliardär haben kann. Denn zu denen gesellt sich nicht nur die Warenhaus-Tragödie mit ihren menschlichen Schicksalen, sondern auch ein Bestechungsverdacht im Heimatland, der angebliche Kontakt zur FPÖ als deren Parteispender. Was auch immer an diesen Dingen stimmen mag – als Retter des deutschen Warenhausgeschäftes gilt René Benko schon lange nicht mehr.