Heftige Kritik an der Preispolitik der Bahn Mehdorn bezieht Prügel
Dortmund (RPO). Die Preiserhöhungen bei der Bahn haben massive Empörung ausgelöst. "Abzocke", heißt es aus den Reihen der Politik. "Hartmut Mehdorn spinnt", schimpft die Presse. Auch Gewerkschaften und der Fahrgastverband Pro-Bahn sparen nicht mit kritischen Bewertungen.

Reaktionen auf die Pläne der Bahn
Die Fahrkartenpreise sollen sich Medienberichten zufolge bald um 3,2 Prozent erhöhen, kündigte Bahnchef Hartmut Mehdorn am Montag an. Die Bahn will damit ihre Profitabilität im Personenverkehr erhöhen. Am 27. Oktober will das Unternehmen nach Informationen des Wirtschaftsmagazins "Capital" an die Börse gehen. Die Bahn wollte den Bericht nicht bestätigen.
Nahezu reflexartig die empörten Reaktionen in der Öffentlichkeit. Grünen-Bundestagsfraktionschef Fritz Kuhn sprach von "übelster Abzocke". Der FDP-Verkehrspolitiker Horst Friedrich kritisierte den Zeitpunkt der Ankündigung. Die Lokführergewerkschaft GDL wehrte sich gegen Mehdorns Begründung der Preissteigerung mit gestiegenen Energie- und Personalausgaben. Der Fahrgastverband Pro Bahn erklärte, die Bahn hätte Mehrkosten auch ohne teurere Fahrscheine auffangen können.
Mehdorn hatte am Montag Preiserhöhungen für Zugtickets angekündigt. Über das Ausmaß der Preiserhöhungen werde die Öffentlichkeit im September informiert. Laut einem Bericht der "Financial Times Deutschland" will die Bahn ihre Fahrpreise Mitte Dezember um bis zu 3,2 Prozent erhöhen. Die Mehreinnahmen aus der neuerlichen Preiserhöhung werden sich dem Blatt zufolge im kommenden Jahr auf gut 120 Millionen Euro belaufen.
Die Presse Die Reaktionen in der Presse fallen höchst unterschiedlich aus. Alle Kommentare fallen leidenschaftlich aus. "Hartmut Mehdorn spinnt", schimpft der Berliner Kurier und weist auf die soziale Rolle des Unternehmens hin. Wirtschaftsnahe Blätter sehen das ganz anders. "Niemand kann einem wettbewerbsorientierten Unternehmen zum Vorwurf machen, dass es steigende Kosten an seine Kunden weitergibt", argumentiert die Financial Times Deutschland.
Die öffentlichen und auch versteckten Gründe für den Preisanstieg sind heiß diskutiert. Alles nur, um die Bahn potenziellen Investoren schmackhaft zu machen, so eine häufig vorgebrachte Kritik. Zudem habe Mehdorn eine Nullrunde angekündigt. Andere Kommentatoren halten dem jedoch entgegen, Mehdorn habe mit der Tariferhöhung der Löhne für die GDL-Lokführer und den gestiegenen Energiepreisen gute Gründe auf seiner Seite.
Die Politik Grünen-Chef Kuhn sagte, Mehdorn wolle erneut die Fahrgäste schröpfen, um den geplanten Börsengang für profithungrige Investoren attraktiv zu machen. Diesem "kundenfeindlichen Größenwahn" müsse der Bund als Eigentümer endlich ein Ende machen. FDP-Bahnexperte Patrick Döring sagte, er befürchte, das Mehdorns Pläne noch mehr Menschen als bislang davon abhalten werden, mit der Bahn statt mit dem Auto zu fahren.
Der SPD-Politiker Hermann Scheer sagte, Preiserhöhungen seien bei den derzeitigen Erträgen nicht nötig. Friedrich mahnte, die Bahn müsse angesichts des guten Ergebnisses die Preiserhöhung besser begründen. "Sonst entsteht der Eindruck, sie versuche, den Markt abzuschöpfen", sagte er. Als Ursachen für den geplanten Preisschub sehe er auch die Expansionspläne der Bahn und ihren Börsengang im Herbst.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Dagmar Enkelmann, warf der Bahn "wüste Wegelagerei" vor. Die Teilprivatisierung sei für Kunden und Beschäftigte ein fataler Irrweg. Sie forderte die Große Koalition auf, den "Freifahrtschein" für Mehdorn wieder zurückzunehmen.
Unsere Leser Auch bei unseren Lesern hat die Nachricht zahlreiche Reaktionen auzsgelöst. Fast alle fallen negativ aus. "Wer stoppt diese Raubritter" heißt es da? "Kapitalismus pur" an anderer Stelle. Ein anderer User führt mahnend das Beispiel der Bahnprivatisierung in England an und warnt vor dem Börsengang.
Die Gewerkschaft Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky sagte: "Mehdorn hat gute Zahlen vorgelegt. Er macht sein Baby hübsch für den Börsengang." Die Begründung für die Preiserhöhung sei nicht haltbar. Die Halbjahresbilanz zeige, dass Personalkosten nicht ausschlaggebend seien. Die GDL hatte Anfang des Jahres eine Tariferhöhung um elf Prozent durchgesetzt.
Pro-Bahn Der Pro-Bahn-Vorsitzende Karl-Peter Neumann sagte: "Die Ergebnisse des Unternehmens sind so gut, dass die Mehrkosten erst einmal hätten aufgefangen werden können." Die Bahn müsse aufpassen, dass sie ihren Aufwärtstrend nicht durch zu hohe Preise wieder zunichte mache.