Ex-VW-Chef unter Druck Staatsanwalt ermittelt nicht wegen Steuerdelikten gegen Winterkorn

Braunschweig · Die Staatsanwaltschaft Braunschweig führt kein Ermittlungsverfahren wegen möglicher Steuerhinterziehung gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn. Das stellte die Behörde am Montag klar.

Sie habe lediglich im Zuge ihrer Ermittlungen zur VW-Abgasaffäre erlangte entsprechende Verdachtsmomente an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet.

Inzwischen sei sie mit der Angelegenheit "nicht mehr befasst", erklärte die Behörde. Die Weitergabe vertraulicher Informationen aus einem Ermittlungsverfahren sei ein "Unding", kritisierte sie. Diese sei offensichtlich "im Zuge der gewährten Akteneinsicht durch bislang unbekannte Dritte erfolgt". Die "persönliche Rechte der Beteiligten" würden durch das Vorgehen "mit Füßen getreten".

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Winterkorn unter anderem wegen des Verdachts der Marktmanipulation und wegen mutmaßlichen Betrugs. Sie geht dabei unter anderem dem Verdacht nach, ob er die Öffentlichkeit bewusst zu spät über die finanziellen Folgen der Affäre um manipulierte Software bei Dieselautos informierte.

Vermögenstransaktionen könnten ein mögliches Indiz für Zeitpunkte sein, ab denen Winterkorn von den Manipulationen erfahren haben könnte, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Insofern seien auch derartige Erkenntnisse Bestandteil der Ermittlungsakten. Dabei hätten sich "Tatsachen, die auf ein mögliches Steuervergehen hindeuten könnten", ergeben. Gemäß Abgabenordnung sei das dafür zuständige Bundeszentralamt für Steuern darüber informiert worden.

Dem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge geht es unter anderem um Überweisungen in Höhe von insgesamt rund zehn Millionen Euro, die in den vergangenen zwei Jahren auf Depots bei einer Schweizer Bank flossen, die teilweise Winterkorns Ehefrau gehörten. Dabei nannte sie unter anderem auch die Namen der beteiligten Banken.

Es bestehe der Verdacht, dass es sich um eine Schenkung gehandelt habe, für die Schenkungssteuer fällig gewesen sei, zitierte die Zeitung aus den Akten. Winterkorns Verteidiger Felix Dörr wies die Vorwürfe in der "Bild am Sonntag" zurück. Der Vorgang sei "frei von jeder steuerlichen Beanstandung". Es sei Winterkorns "höchstpersönliche Entscheidung", wie und von wem er sein Vermögen verwalten lasse.

Der "Süddeutschen Zeitung" gegenüber äußerte sich der Anwalt "entsetzt" darüber, dass persönliche Unterlagen seines Mandanten, die keinen Bezug zum Abgasverfahren hätten, an die Öffentlichkeit gelangt seien. Er erwäge eine "Strafanzeige gegen unbekannt wegen Verrats von Dienstgeheimnissen". Durch die Weitergabe der Akten sei das Steuergeheimnis verletzt worden.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig betonte, Ergebnisse aus einem laufenden Ermittlungsverfahren würden von ihr aus guten Gründen niemals veröffentlicht. Es gelte die Unschuldsvermutung, "unbefugte Informationsweitergaben" könnten zu "Vorverurteilungen und Stigmatisierungen in der Öffentlichkeit" führen. Laut Gesetz sind Staatsanwaltschaften bei ihren Ermittlungen verpflichtet, alle be- und entlastenden Erkenntnisse über Beschuldigte zu sammeln.

(felt/AFP)
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