Die lange Liste der Skandale bei ThyssenKrupp Luxusreisen, Kartelle, Milliardenverlust

Essen · Der Stahlkonzern ThyssenKrupp kommt nicht zur Ruhe. Wieder geht es um Luxusreisen, diesmal im Zusammenhang mit einem Gewerkschafter. Es ist ein weiteres Glied in einer Kette zahlreicher Skandale, mit denen der Konzern von sich reden machte.

ThyssenKrupp trennt sich von drei Vorständen
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Das "Handelsblatt" hatte am Freitag berichtet, dass Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat mehrfach auf Kosten des Unternehmens in der Ersten Klasse gereist seien. Konkret ging es in dem Beitrag um IG-Metall-Vorstand Bertin Eichler, der auch im Aufsichtsrat des Stahlriesen sitzt. Dieser bestätigte First-Klass-Flüge von und mit ThyssenKrupp.

Eichler selbst spricht von fünf Reisen — nach Thailand, China, in die USA und nach Kuba. Das "Handelsblatt" berichtete zudem von einer Reise zum Formel-1-Rennen nach Shanghai. ThyssenKrupp selbst verwies auf eine bereits eingeleitete Untersuchung zu Luxusreisen, deren Ergebnisse aber noch nicht vorliegen. Denn solche Berichte machten bereits Ende des vergangenen Jahres die Runde.

Damals ging es um Luxusreisen für Journalisten. Die "Welt am Sonntag" hatte zu der Zeit berichtet, dass diese Reisen unter anderem nach Südafrika, China und Amerika gegangen sein sollen. Teils hätten sie touristischen Charakter gehabt, etwa seien Safari-Touren dabei gewesen. Die Folge: Thyssen-Vorstand Claasen geriet enorm unter Druck, musste schließlich Anfang Dezember gehen.

Denn Jürgen Claasen hatte sich zugleich gegen Vorwürfe der Untreue verteidigen müssen. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt wegen umstrittener Dienstreisen nach Miami und nach New York, wo Claasen in luxuriösen Hotels abgestiegen sein soll. Zu viel für den von Skandalen gebeutelten Konzern.

Die Luxusreisen waren nur ein Teil der Negativschlagzeilen, die ThyssenKrupp belasten. Immer wieder gab es Berichte über Korruption und Schienenkartelle. Die Bahn reichte zuletzt Schadenersatzklage wegen eines solchen Kartells ein. Zudem wurde bekannt, dass der Konzern von diesen Kartellen wohl nicht erst im Jahr 2011 durch Razzien erfuhr, sondern schon viel früher.

Für Thyssen-Chef Heinrich Hiesinger jedenfalls war mit den Berichten über die Luxusreisen das Ende der Fahnenstange erreicht. Nach dem Fünf-Milliarden-Verlust, den der Konzern auch noch verkraften musste, räumte er kräftig auf. Neben Claasen mussten noch zwei weitere Vorstände gehen.

"Es ist ganz offensichtlich, dass in der Vergangenheit sehr viel schief gelaufen ist", sagte Hiesinger bei der Präsentation des schlechtesten Jahresergebnisses Mitte Dezember. "Es gab bisher ein Führungsverständnis, in dem Seilschaften und blinde Loyalität oft wichtiger waren als unternehmerischer Erfolg", fügte der ThyssenKrupp-Chef hinzu.

Unternehmerischer Erfolg — ein Wort, das bei ThyssenKrupp vor allem nicht auf seine Stahlwerke in den USA und Brasilien zutraf. 2004 war das angekündigte Projekt in großen Tönen gelobt worden, doch es erwies sich als Milliardengrab. Und diese waren es auch, die einen großen Anteil an dem Verlust hatten.

Und über allem steht die Frage, ob durch die Luxusreisen manch einer beeinflusst worden ist, weniger kritisch auf die Geschäfte des Konzerns zu schauen. Gewerkschaftsvertreter Bertin Eichler jedenfalls weist diesen Vorwurf vehement zurück.

Dennoch, er wird nicht noch einmal für den Aufsichtsrat kandidieren. Und manch einer in der ThyssenKrupp-Zentrale wird nun wohl hoffen, dass mit der Aufdeckung des neuerlichen Skandals endlich ein Ende erreicht ist. Doch noch ist die vom Konzern eingeleitete Untersuchung nicht abgeschlossen.

mit Agenturmaterial

(das)
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