Gewerkschaften befürchten Personalabbau Lufthansa baut radikal um

Der neue Lufthansa-Chef Christoph Franz will aus dem Ex-Monopolisten die profitabelste Fluggesellschaft Europas machen. Ein neues Sparprogramm von ungekannter Härte soll 1,5 Milliarden Euro einsparen. Die Gewerkschaften befürchten einen Personalabbau.

 Den Angestellten der Lufthansa steht ein ehrgeiziges Sparprogramm ins Haus.

Den Angestellten der Lufthansa steht ein ehrgeiziges Sparprogramm ins Haus.

Foto: dpa, Boris Roessler

Ein Jahr nach Amtsantritt holt Lufthansa-Chef Christoph Franz (51) zum Paukenschlag aus: Der ehemalige Bahn-Vorstand will die Effizienz der Fluggesellschaft mit einem rigorosen Sparprogramm steigern und die Lufthansa zum profitabelsten Anbieter Europas machen. Wie unsere Redaktion aus Teilnehmerkreisen erfuhr, rief Franz am Montag vor einem Führungskräfte-Kreis ein langfristiges operatives Rendite-Ziel von acht Prozent aus.

Zuletzt lag die Lufthansa-Rendite bei 2,6 Prozent. Dafür soll der Ex-Monopolist in den nächsten drei Jahren 1,5 Milliarden Euro einsparen. Ab 2015 soll das Sparprogramm den Lufthansa-Gewinn nachhaltig steigern. Eine Lufthansa-Sprecherin wollte sich dazu gestern nicht äußern.

Das neue Sparprogramm schließt fast nahtlos an das Sparprogramm "Climb 2011" an, mit dem Franz' Vorgänger Wolfgang Mayrhuber die Fixkosten in den vergangenen beiden Jahren schon um eine Milliarde Euro gesenkt hatte. Anders als Franz setzte Mayrhuber bei "Climb 2011" noch weitgehend auf freiwillige Vorgaben und Vorschläge der Belegschaft. Die Federführung beim neuen Sparprogramm sollen nach Informationen unserer Redaktion die beiden Lufthansa-Manager Josef Bogdanski und Jörg Beißel haben.

Bogdanski hat sich als Deutschland-Vertriebschef der Lufthansa einen Namen gemacht und ist vor allem bei Reisebüros berüchtigt, seit er mit ihnen außergewöhnlich hart um die Gewinnspannen beim Verkauf von Lufthansa-Tickets verhandelt hat. Zuletzt entwickelte Bogdanski eine preisaggressive Lufthansa-Strategie für den neuen Berliner Flughafen, wo der Kranich erstmals Leiharbeiter als Stewardessen einsetzen will. Beißel ist rechte Hand und Büro-Chef von Lufthansa-Finanzvorstand Stephan Gemkow und soll sich über die Organisation des neuen Sparprogramms für höhere Aufgaben qualifizieren, wie es in Insider-Kreisen heißt. Er gilt als Controlling-Experte.

Um das ambitionierte Sparziel zu erreichen, will Franz die Lufthansa neu organisieren. Während Mayrhuber Töchtern wie dem Billigableger Germanwings oder zugekauften Airlines wie Swiss und Austrian noch eine weitreichende Eigenständigkeit gelassen hatte, setzt Franz auf eine stärkere Zentralisierung. Wie er gestern andeutete, sollen damit Kosten bei den sogenannten "shared services", also beim Rechnungswesen, der Personalverwaltung, der IT und der Technik eingespart werden.

Schon im Dezember hatte die Lufthansa angekündigt, Doppel-Strecken zwischen Lufthansa und Germanwings künftig vermeiden zu wollen. Während Mayrhuber es noch strikt abgelehnt hatte, die Lufthansa-Stammkundschaft via Germanwings zu befördern, will Franz defizitäre Europa-Strecken möglichst nur noch mit Germanwings bedienen. Im Europa-Geschäft macht die Lufthansa seit Jahren Verluste — zuletzt im dreistelligen Millionenbereich.

Widersprüchlich waren bis zum Montag die Informationen darüber, in welchem Umfang Franz auch beim Personal einsparen will. Während es einerseits hieß, das Sparprogramm sei ohne einen Kahlschlag beim Personal gar nicht zu erreichen, wollten andere Insider wissen, dass Franz die Macht der Gewerkschaften inzwischen sehr fürchtet: Schon mehrfach musste der Kranich erleben, dass gerade in der Luftfahrt Streiks auch kleiner Gruppen wie etwa der Piloten das gesamte Unternehmen blockieren können.

Als sicher gilt, dass Franz zumindest einen Personalabbau ohne Kündigungen (also etwa über Vorruhestandsregelungen und die Nicht-Wiederbesetzung von frei werdenden Stellen) im dreistelligen Bereich anstrebt. Auch das Berliner Leiharbeiter-Modell wird mittelfristig wohl auch auf andere Standorte ausgedehnt werden. Die eigentlich konkurrierenden Gewerkschaften Ufo (Flugbegleiter) und Verdi haben sich bereits mit einer Tarifgemeinschaft für die Auseinandersetzung gewappnet.

An diesem Dienstag werden die Betriebsräte über das Sparprogramm informiert, danach die Belegschaft. Im März will die Lufthansa ihre Geschäftszahlen für 2011 vorstellen. In einer Hauspostille hat Franz seine 120 000 Mitarbeiter bereits gewarnt: Der Gewinn habe "bei weitem nicht die Größenordnung erreicht, die erforderlich ist, um unser Unternehmen und unsere Arbeitsplätze auch in Zukunft zu sichern".

(RP/pst)
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