Mutmaßliche Komplizen bleiben in U-Haft Ex-Wirecard-Vorstand Marsalek in Spionage verwickelt
Update | London · Der von der deutschen Justiz wegen des Wirecard-Skandals gesuchte Marsalek wird in Russland vermutet. Nun gibt es Hinweise, dass er für den russischen Geheimdienst tätig geworden ist. Auch zu seinen Komplizen gibt es neue Erkenntnisse.
Fünf Bulgaren, die gemeinsam mit dem Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek für Russland spioniert haben sollen, sind am Dienstag in London vor Gericht erschienen. In der kurzen Anhörung per Video ordnete der Westminster Magistrates' Court in London an, dass die Angeklagten weiter in Untersuchungshaft bleiben. Ein nächster Gerichtstermin wurde für den 13. Oktober angesetzt.
Der Fall ist auch deshalb aufsehenerregend, weil die Bulgaren mit dem von der Justiz geflohenen Marsalek zusammengearbeitet haben sollen. Marsalek selbst wurde nicht gemeinsam mit den Bulgaren angeklagt. Diese sollen aber laut der Staatsanwaltschaft Anweisungen von dem Österreicher bekommen haben, der seit dem Kollaps des Zahlungsdienstleisters Wirecard im Sommer 2020 auf der Flucht ist.

Das sind Europas meistgesuchte Verbrecher
Die drei Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 29 und 45 Jahren werden beschuldigt, zwischen August 2020 und Februar 2023 Informationen gesammelt zu haben, die direkt oder indirekt von Nutzen für Russland sein sollten. Koordiniert wurde die Operation laut der Anklage in Großbritannien, die Beteiligten waren aber auch in anderen Ländern aktiv.
Die Bulgaren wurden im Februar verhaftet, die Vorwürfe gegen sie wurden aber erst Monate später publik. Bei der Gruppe wurden laut den Ermittlern mehr als 30 Ausweisdokumente aus Großbritannien, Bulgarien, Frankreich, Italien, Spanien, Kroatien, Slowenien, Griechenland und Tschechien gefunden, von denen einige mutmaßlich gefälscht waren.
Genaue Einzelheiten dazu, wie die Gruppe agierte, wurden bisher nicht bekannt. Einer von ihnen soll Eigentümer eines Unternehmens für Künstliche Intelligenz gewesen sein, wie aus seinem Profil auf dem Internetportal LinkedIn hervorgeht. Er lebte Berichten zufolge in einem Gästehaus in Great Yarmouth an der englischen Ostküste, als er verhaftet wurde. Eine seiner mutmaßlichen Komplizinnen betrieb einen Schönheitssalon im Westen Londons. In britischen Medien wurden Fotos der 29-Jährigen bei Wettbewerben für die schönsten Wimpern veröffentlicht.
Der frühere Wirecard-Manager und Justizflüchtige Jan Marsalek wird von britischen Ermittlern verdächtigt, Teil eines Spionagenetzwerks für Russland gewesen zu ein. Das geht aus einer Mitteilung der britischen Staatsanwaltschaft vom Dienstag hervor. Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ über die Vorwürfe berichtet.
Marsalek verantwortete das Geschäft mit sogenannten Drittpartnerfirmen – externen Zahlungsdienstleistern, die im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen überwiegend in Asien abwickelten oder abgewickelt haben sollen.
Im Sommer 2020 war der einstige Dax-Konzern zusammengebrochen, weil 1,9 Milliarden Euro angeblicher Erlöse aus diesem Drittpartnergeschäft nicht auffindbar waren. Marsalek hatte sich daraufhin ins Ausland abgesetzt, als sich der Kollaps des Konzerns abzeichnete.
Dieser Artikel wurde aktualisiert.