Bahn-Tarifstreit Lokführer planen Streiks im Güterverkehr am Donnerstag

Hamburg (RPO). Im seit Monaten andauernden Tarifstreit bei der Deutschen Bahn sind neue Streiks ab Donnerstag offenbar so gut wie sicher. Sollte die Bahn kein neues Tarifangebot vorlegen, will die überwiegende Mehrheit des Hauptvorstands der Lokführer-Gewerkschaft GDL bei ihrer Sitzung am Mittwoch offenbar für einen Streik im Güterverkehr ab Donnerstag stimmen.

Das berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf führende Mitglieder des Gremiums. Über die Dauer des Arbeitskampfs gehen die Meinungen laut "Bild" allerdings auseinander. Als wahrscheinlich gelte ein "mehrtägiger Ausstand", berichtet das Blatt. Einzelne Hauptvorstandsmitglieder hielten aber sogar einen unbefristeten Streik für denkbar, um den Druck auf die Deutsche Bahn zu erhöhen.

Die Mehrheit des Hauptvorstands der Lokführergewerkschaft GDL ist offenbar für eine Verschärfung des Arbeitskampfes bei der Deutschen Bahn. "Im Großen und Ganzen gibt es Einigkeit - die meisten wollen ein bisschen mehr Streik", sagte die GDL-Sprecherin Gerda Seibert am Dienstag der AP.

"An der Basis brodelt es. Wenn es danach geht, würden die Züge wochenlang stehen", erklärte Seibert. Dabei sei nicht ausgeschlossen, dass es noch in dieser Woche zu Streiks im Güterverkehr komme, wenn die Bahn kein neues Angebot vorlege. Im 18-köpfigen GDL-Hauptvorstand sind neben dem geschäftsführenden Vorstand auch die Bezirksvorsitzenden und deren Stellvertreter vertreten.

Der CSU-Verkehrspolitiker Georg Brunnhuber befürchtet einen "Totalschaden", sollte der Streik auch auf den Güterverkehr ausgeweitet werden. Der Bundestagsabgeordnete, der auch dem Aufsichtsrat der Bahn angehört, warnte im Deutschlandradio Kultur vor volkswirtschaftlichen Verlusten von mehr als 50 Millionen Euro am Tag und einem drohenden Ausbleiben von Kunden.

Mit Blick auf die Streiks, aber auch die Beschlüsse des Hamburger SPD-Parteitags äußerte der CSU-Politiker zugleich die Erwartung, dass die Bemühungen um eine Teilprivatisierung der Bahn bis zum Jahresende aufgegeben werden.

Vor Bekanntgabe der GDL-Entscheidung am Mittwochnachmittag wollen der Hauptvorstand und die Tarifkommission der Gewerkschaft in Frankfurt am Main über das Urteil des sächsischen Landesarbeitsgerichts in Chemnitz beraten, wonach sie nach dem Regionalverkehr nun auch im Güter- und Fernverkehr die Arbeit niederlegen darf.

"Wir fordern ein verhandlungsfähiges Angebot in Form eines eigenständigen Tarifvertrags. Sollte der Bahnvorstand dem nicht nachkommen, provoziert er Arbeitskämpfe", sagte Weselsky. In diesem Fall werde die GDL mit Streiks im Güterverkehr beginnen. Das bisherige Angebot der Bahn kritisierte er erneut als völlig unzureichend.

"Es reicht nicht, in 2007 rund 100 Mehrleistungsstunden, die ohnehin schon erbracht wurden, zu vergüten, sowie die Arbeitszeit im kommenden Jahr um zwei Stunden auf 43 Wochenstunden mit Lohnausgleich zu erhöhen", betonte der GDL-Vizechef.

Die Deutsche Bahn AG kritisierte unterdessen scharf das Wirrwarr um die Streikpläne der Lokführergewerkschaft vom Sonntag. "Das Chaos in der GDL-Führung wird immer schlimmer", kommentierte Konzernsprecher Oliver Schumacher. Erst habe der GDL-Vorsitzende Manfred Schell einen Streikverzicht für diese Woche erklärt und dann die Pressestelle der Gewerkschaft dies wieder dementiert.

Schon zuvor habe es unterschiedliche Angaben über den Zeitpunkt einer Entscheidung darüber gegeben. "Dieses Durcheinander ist das einzig Beständige bei der GDL", kritisierte der Bahn-Sprecher. Offenbar wüssten ihre Funktionäre selbst nicht mehr, was sie wollten.

Schumacher forderte die Lokführergewerkschaft auf, "dieses Verwirrspiel umgehend zu beenden, klare Führung erkennen zu lassen und endlich an den Verhandlungstisch zurückzukehren". GDL-Sprecherin Gerda Seibert nahm indes die Panne mit der falschen Freigabe des Schell-Interviews auf ihre Kappe und bestritt jede Uneinigkeit in der Führung der Lokführergewerkschaft. Auch Weselsky betonte im Fernsehsender N24, Gerüchte über interne Machtkämpfe würden wohl ein "Traum des Bahnvorstands" bleiben. "Wir stehen zusammen", versicherte er.

Ein unangekündigter Streik der GDL beeinträchtigte am Montagmorgen mehrere Strecken einer Privatbahn in Schleswig-Holstein. Von Betriebsbeginn um 03.30 Uhr bis um 09.00 Uhr streikten die Lokführer nach Gewerkschaftsangaben bei der AKN und dem Tochterunternehmen Schleswig-Holstein-Bahn.

(afp)
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