Siemens bekommt einen neuen Chef Löscher geht - Kaeser kommt

München · Nach dem Aus für Siemens-Chef Peter Löscher läuft alles auf den bisherigen Finanzchef Joe Kaeser an der Spitze des Elektrokonzerns hinaus. Wie mehrere Onlinemedien in der Nacht zum Sonntag berichteten, will eine Mehrheit im Aufsichtsrat ihn zum Nachfolger Löschers bestimmen.

Das ist Peter Löscher
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Foto: AFP

Zuvor hatte das Unternehmen nach einer Marathon-Sitzung des Kontrollgremiums in München mitgeteilt, dass die Aufseher bei ihrer nächsten regulären Sitzung am kommenden Mittwoch (31. Juli) über das vorzeitige Ausscheiden Löschers beschließen werden. Dann dürfte auch die Entscheidung für Kaeser fallen.

Siemens lehnte eine Stellungnahme zuerst ab. Am späten Samstagabend teilte das Unternehmen dann jedoch mit, dass der Siemens-Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 31. Juli 2013 das vorzeitige Ausscheiden des Vorstandsvorsitzenden beschließen werde.

Löscher hatte am Donnerstag überraschend seine Rendite-Prognose für 2014 gekippt und sich damit den Zorn des Kapitalmarkts zugezogen. Der Spitzenmanager stand wegen der jüngsten Gewinnwarnung und einer Reihe von vorangegangenen Misserfolgen unter wachsendem Druck. Zuletzt hatte sich Löscher noch kampflustig gegeben. "Mir bläst jetzt der Wind ins Gesicht, aber es war noch nie meine Art aufzugeben oder schnell die Segel zu streichen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". "Ich habe einen Vertrag bis 2017, und gerade jetzt ist der Kapitän bei Siemens mehr gefragt denn je."

Misserfolge in Serie

Sein Stern sank allerdings rapide. Die Gewinnwarnung vom Donnerstag markierte einen weiteren Tiefpunkt in einer langen Reihe von Misserfolgen in Löschers Amtszeit. Sie begann mit dem überteuerten Einkauf des Labordiagnostikgeschäfts, führte über die überhastete und letztendlich teure Trennung vom französischen Atom-Partner Areva und mündete jüngst in einer Reihe von technischen Pannen, die Siemens wieder und wieder die Bilanz verhagelten.

Anschlüsse von Windparks in der Nordsee bekamen die Münchner nicht hin. Den von Löscher hoch und heilig versprochenen Liefertermin für neue ICE-Züge an die Deutsche Bahn verfehlt der Konzern um mehr als ein Jahr. In den USA brachen Windturbinen auseinander, die Reparatur schlägt allein mit gut 100 Millionen Euro zu Buche.

Selbst mit Übernahmen hatte Löscher wenig Glück. Das zusammengekaufte Solargeschäft erwies sich nach nur wenigen Jahren als Totalausfall, der verlustreiche Zweig wurde geschlossen. Unterdessen zogen die Rivalen davon.

Eigentlich kündigte Löscher an, Siemens werde schneller als seine Konkurrenten ABB, GE oder Philips wachsen. Doch das Gegenteil trat ein. Allen voran die Schweizer ABB ging auf ausführliche Einkaufstour und setzte sich in Sachen Wachstum und Rendite immer stärker von den Bayern ab.

Anfangs als Aufräumer in der Schmiergeldaffäre gefeiert, wuchs in letzter Zeit unter Aktionären und Analysten das Missfallen. "In den letzten 18 Monaten ist die Entwicklung einfach nur noch enttäuschend", hatte Fondsmanager Henning Gebhardt von der DWS auf der Hauptversammlung geklagt.

"Zehn Milliarden Euro Aktionärsgeld wurden vergeigt"

Privataktionär Hans-Martin Buhlmann rechnete für Löschers Amtszeit vor: "Zehn Milliarden Euro Aktionärsgeld wurden vergeigt." Vor dem Aktionärstreffen hatte sich der selbst umstrittene Aufsichtsratschef Gerhard Cromme noch hinter seinen Zögling gestellt. Die beiden verbindet an der Siemens-Spitze eine Schicksalsgemeinschaft. Nach dem Abgang von Klaus Kleinfeld lotste Cromme 2007 den seinerzeit weitgehend unbekannten Löscher vom US-Pharmakonzern Merck an die Isar. Als unbelasteter Außenstehender sollte er mit der Korruption aufräumen.

Zügig legte der heute 55-Jährige zusammen mit dem neuen Vorstand Peter Solmssen den Schmiergeldsumpf trocken. Doch viele Mitarbeiter und Manager berichten, Löscher sei in dem weit verzweigten Konzern nie wirklich angekommen, kenne sich bis heute zu wenig aus.

Als eigentlicher Siemens-Chef galt ohnehin vielen der ausgekochte Finanzvorstand Kaeser, der auf Analystenveranstaltungen mit Detailwissen glänzt, während Löscher sich meist auf wenige strategische Aussagen beschränkte.

(REU/dpa)
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