Wirtschaftsweise Lob für Merkels Handeln in der Schuldenkrise

Berlin (RPO). Die fünf Wirtschaftsweisen haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihr Vorgehen in der Schuldenkrise gelobt und weiterhin "mutiges Engagement" gefordert. Für den Fall, dass alle bisherigen Beschlüsse die Märkte nicht beruhigen sollten, schlägt der Sachverständigenrat in seinem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten einen "Schuldentilgungspakt" für die Euro-Zone vor. Merkel wies diesen Vorschlag als "nicht machbar" zurück.

 Bundeskanzlerin Merkel blättert in dem 461 Seiten starken Gutachten der Wirtschaftsweisen, dass Sie vom Wirtschaftswissenschafter Wolfgang Franz bekommen hat.

Bundeskanzlerin Merkel blättert in dem 461 Seiten starken Gutachten der Wirtschaftsweisen, dass Sie vom Wirtschaftswissenschafter Wolfgang Franz bekommen hat.

Foto: dpa, dpa

Die fünf Weisen loben in ihrem Gutachten mit dem Titel "Verantwortung für Europa wahrnehmen" ausdrücklich die Beschlüsse des Euro-Krisengipfels vom 26. Oktober zur Eindämmung der Schuldenkrise.

Der deutschen Politik sei hier eine besondere Verantwortung zugewachsen, der sie "letztlich im Großen und Ganzen gerecht geworden sei", lobte der Sachverständigenrat. Politische Widerstände in anderen Euro-Mitgliedstaaten wie die Ankündigung eines Referendums in Griechenland gingen nicht zu ihren Lasten.

Gemeinsamer Tilgungsfonds

Für das kommende Jahr forderten die Wirtschaftsweisen weiterhin "mutiges Engagement" von der Bundesregierung: Sie müsse die Stabilität der Währungsunion sichern und zentrale Reformen der Finanzmärkte voranbringen.

Sollten die Beschlüsse des Euro-Krisengipfels - ein Schuldenschnitt für Griechenland, eine Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF und eine bessere Kapitalausstattung der Banken - sowie glaubwürdige Programme der Staaten zur Sanierung ihrer Haushalte nicht ausreichen, um eine Verschärfung der Krise zu vermeiden, schlägt der Sachverständigenrat einen Schuldentilgungspakt vor.

Nach diesem Modell könnten die Euro-Staaten ihre Schulden, die den Grenzwert von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen, in einen gemeinsamen Tilgungsfonds mit gemeinschaftlicher Haftung auslagern - die Schulden würden also vergemeinschaftet. Gleichzeitig müssten die Länder sich aber verpflichten, diese Schulden binnen 20 bis 25 Jahren zu tilgen. Zudem müssten sie eine Schuldenbremse einführen.

Wirtschaftswachstum sinkt

In diesem Tilgungsfonds würden Staatsanleihen - über die sich Staaten verschulden - in Höhe von 2,3 Billionen Euro liegen, wie die fünf Weisen errechneten. Italien mit 41 Prozent und Deutschland mit 25 Prozent würden die größten Anteile stellen. Da alle Länder gemeinsam haften, würden aber sichere Anleihen geschaffen, mit denen sich das europäische Finanzsystem stabilisieren ließe, heißt es in dem Gutachten. Der Tilgungsfonds müsse aber einmalig und zeitlich begrenzt sein.

Merkel sagte bei der Übergabe des Gutachtens, bei diesem Modell ergäben sich viele verfassungsrechtliche Fragen. Das Modell würde "erst einmal eine Vielzahl von Vertragsänderungen voraussetzen" und sei daher nicht sofort umsetzbar. "Im operativen Geschäft" sei das nicht machbar.

Die Risiken durch die Schuldenkrise in Europa bedrohen laut dem Gutachten die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. In diesem Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach zwar noch kräftig um 3,0 Prozent zulegen, im kommenden Jahr aber nur noch um 0,9 Prozent. Die fünf Weisen zeichnen in ihrem Gutachten aber auch deutlich düsterere Alternativszenarien bis hin zum Abgleiten in die Rezession.

Die Wirtschaft im Euro-Raum befinde sich "in einem Teufelskreis aus Staatsschulden- und Bankenkrise, und die politischen Unwägbarkeiten verunsichern nach wie vor die Märkte". Einige Tendenzen erinnerten "fatal" an die Lage im Jahr 2008, dem Beginn der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.

(AFP/csr)
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