Lego macht Gewinn Das Klötzchenimperium schlägt zurück

Düsseldorf · Lego hat im ersten Halbjahr so viele Bausteine und Spielfiguren wie noch nie verkauft. Seit Jahren wächst der nun größte Spielzeughersteller der Welt ununterbrochen. Dabei stand der dänische Traditionskonzern kurz vor der Pleite.

Weil in der Wirtschaftskrise 1932 Aufträge von Baustellen ausblieben, musste sich der Schreinermeister und Tischler Ole Kirk Kristiansen in der beschaulichen Kleinstadt Billund im dänischen Jütland was einfallen lassen: Er machte eine kleine Werkstatt auf und baute dort, zusammen mit seinem zwölfjährigen Sohn, Trittleitern, Bügelbretter, Stühle und vor allem Holzspielzeug. "Leg godt" ("Spiel gut") sollten die Kleinen - und so war der Name für das Spielzeug schnell gefunden: Lego.

Angetan von dem Namen nennt er auch seinen kleinen Betrieb so, der 1949 die bekanntesten Bauklötze der Welt erfand: die Oberseite des Plastiksteins mit Noppen, die Unterseite hohl. Erst 1958 wurde in dem Hohlraum eine Röhre eingesetzt, wodurch die Klötzchen viel besser aneinander hafteten - der Legostein war geboren. Die rechteckigen und quadratischen Bauklötzchen wurden der Grundstein für eine schier unglaubliche Erfolgsgeschichte.

Denn nach den gestern veröffentlichen Zahlen ist Lego, der einstmalige Zweimann-Betrieb aus der dänischen Provinz, zum größten Spielzeughersteller der Welt im Jahr 2015 geworden. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres machte das Unternehmen einen Umsatz von 14,1 Milliarden dänischen Kronen (rund 1,9 Milliarden Euro) und überholte damit den bisherigen Marktführer, den US-amerikanischen Konzern Mattel - Lego schlägt Barbie.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wuchs der Umsatz um 23 Prozent, daraus erzielte Lego einen Reingewinn von knapp 3,6 Milliarden Kronen (rund 476 Millionen Euro) - ein Plus von 30 Prozent. Damit steuert Lego dieses Jahr auf ein neues Rekordergebnis zu, nachdem das Unternehmen schon 2014 "als das beste Jahr für die Legogruppe überhaupt" gefeiert hatte, wie der Geschäftsführer Jørgen Vig Knudstorp im Februar verkündete. Für 2015 erwartet er "ein erfreuliches Ergebnis". Das ist natürlich typisch skandinavisches Understatement, das zu dem schlaksigen 47-Jährigen passt, der wenig Aufsehen um seine Person macht.

Dabei hätte Knudstorp allen Grund, stolz zu sein. Als der damals 36-Jährige 2004 die Geschäftsführung übernahm - als Erster, der nicht zur Eigentümerfamilie Kristiansen gehörte -, steckte Lego in einer schweren Krise. Um ja nicht den Anschluss an das digitale Zeitalter zu verlieren, hatte das Unternehmen massiv investiert und seine Geschäftsfelder ausgeweitet. Doch damit hatten sich die Dänen deutlich übernommen. Der Konzern schrieb tiefrote Zahlen: 2003 machte er knapp 120 Millionen Euro Verluste, im folgenden Jahr verlor er mit 240 Millionen Euro sogar das Doppelte. Das Traditionsunternehmen stand kurz vor dem Bankrott.

Knudstorp, vorher bei der Unternehmensberatung McKinsey tätig, stellte das Unternehmen neu auf. So schaffte er es, die Kosten in den Griff zu bekommen, was auch mit Entlassungen und Produktionsschließungen verbunden war. Zudem trennte er sich von Nebengeschäften - so wurde die Mehrheit der Lego-Parks an einen Investor verkauft und das Geschäft mit Kindermode aufgegeben. Zudem reaktivierte er Legos Marke für kleinere Kinder, Duplo. Die Wende gelang. Schon ein Jahr später, 2005, schrieb der Konzern wieder schwarze Zahlen, seit 2007 kann er steigende Gewinne verbuchen. Seitdem ist auch die Zahl der Mitarbeiter, die infolge der Krise gesunken war, wieder gestiegen - von 4200 auf über 15 000 aktuell.

Gleichzeitig gelang es Knudstorp, das Image von einem etwas altbackenen Bauklötzchen-Produzenten zu einer Kultmarke zu wandeln. Zugute kam ihm dabei, dass sich Lego schon früh mit der Frage beschäftigt hatte, wie die klassischen Lego-Figuren mit der digitalen Welt verbunden werden können. So erwarb der Spielzeughersteller die Lizenz, "Star Wars"-Charaktere wie Darth Vader oder Luke Skywalker als Lego-Spielfiguren zu produzieren und zu verkaufen. Später folgten die Rechte für die überaus populären Filmreihen "Harry Potter" und "Herr der Ringe". Seit Jahren gehören diese Figuren zu den Verkaufsschlagern bei Lego.

Doch geht Lego auch den anderen Weg und sorgt dafür, dass seine Figuren auf der Leinwand oder dem Computerbildschirm erscheinen. Lego-Männchen von den bekannten Filmreihen lassen sich in Videospielen steuern. Und 2014 lief der von Warner Brothers produzierte Film "The Lego Movie" im Kino. Laut der US-amerikanischen Internetseite Box Office Mojo, die die Einspielergebnisse von Kinofilmen sammelt, hat der Lego-Film weltweit über 400 Millionen Euro eingespielt.

Zwar nimmt Lego durch die Lizenzen nach eigenen Angaben wenig Geld ein, aber es ist eine hocheffiziente Werbung. Denn viele Kinder wollen ihre Lieblingsfilme nachbauen und -spielen - mit den bekannten Klötzchen und Figuren.

(RP)
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